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Rollentausch

Ach, was wäre das toll, mal einen Tag in einem anderen Kopf zu leben. Sieht die Welt anders aus aus anderen Augen? Oder grübelt und sorgen die anderen sich insgeheim um den gleichen Kram wie ich? (Die anderen sind natürlich eine homogene Gruppe. Sie definieren sich schließlich nur darüber, nicht man selbst zu sein.) Wie neugierig bin ich auf einen Tag als....

- Der Mitbewohner: Mal so locker leicht durchs Leben schweben, nichts ist unmöglich und alle Menschen gut. Der freie Wille ist die einzige Instanz für Entscheidungen. Zwang, Pflicht, Sorgen und Grantigkeit - das gibt es nicht. Wir pupsen Seifenblasen und sprechen nur in Singsang.

- Die linke Freundin: Feinde sind da, um bekämpft und geschlagen zu werden, und schuld sind immer die anderen (andere andere als die oben, eher "die da oben in den Chefsesseln"). Aufs Maul gehört denen mal so richtig, damit die mal raffen, dass se dit mit uns nich machn können. Probleme liegen im System, nie in einem selbst, und wären die Arbeitsbedingungen nicht so kacke und die Reichen so reich, wär doch alles dufte. 

- Die Mutti: Kreist um ihr Kind, als wäre es der heilige Gral, schiebt, trägt, schleift es überallhin und macht es zum Gradmesser des eigenen Befindens: "Die Marja hat sich heute den Kopf angeschlagen, jetzt können wir nicht mehr auf den Spielplatz, das müssen wir erstmal verdauen". Au ja, ein Projekt, ein Etwas, das ihre Energie, Zeit und Identität bestimmt und das auch wert ist. 

- Der Schluri: Kriegt von allem nur die Hälfte mit. Macht sich einfach nicht so 'ne Platte. Friede sei mit ihm.

- Die Hyperorganisierte: Das genaue Gegenteil des Schluri. Strukturiert und optimiert bis ins kleinste Detail, presst sie eine lange Liste Aktivitäten in ihren Tag hinein, die ich in einem halben Jahr nicht gebacken bekäme. Um die Steuerrückerstattung für nächstes Jahr (!) hat sie sich schon gekümmert und Weihnachtsgeschenke fehlen auch nur für Feli und Mika, die anderen dreiundzwanzig zu Beschenkenden (denn sie denkt jede:n mit, auch die Katzenfrau von nebenan) sind schon versorgt. Seit September. Der Pulli hat natürlich nie Flecken, der Kalender dafür viele fein säuberliche Eintragungen und geschlafen werden trotz Me- und Couple-Time trotzdem konstant acht Stunden. Amen.

In wen würdet ihr gerne mal hineinlugen? 
Bleibt mir nur meine Vorstellungskraft und, vor allem, Fantasie, um meinem begrenzten Geist zu entfliehen. Raus aus Caro, rein in die Rentnerin. Obwohl - der Kontrast ist jetzt nicht so groß....

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Mal wieder was Rührseliges, jetzt, wo die Tage wieder grauer werden, nach einem bombastischen Sommer. Wofür bist Du dankbar? Das ist bei den meisten von uns nicht das, worauf unser Fokus liegt (ein paar Sonnenscheinchen und Frohnaturen ausgenommen, die wahrscheinlich eine sehr gesunde Psyche und Gedankenwelt haben). Umso mehr möchte ich es mir aktiv ins Denken holen. Es gibt immer irgendetwas, das nicht klappt, das unzufrieden macht. Jede:r von uns hat Defizite. Aber die sollten nicht unsere volle Aufmerksamkeit bekommen.  Wofür ich selbst dankbar bin: - ein langer, heißer Sommer voller Sonne - süß-saure, gelb-rote Falläpfel - tiefstehendes Licht am Spätnachmittag - die Ruhe nach einem wuseligen Tag - meine Großeltern noch zu haben - weite Sweatshirts aus dicker Baumwolle - Kontakt zu Freund:innen - wo auch immer sie sind - Kissen - Zimmerpflanzen - Kohlrabi  - Funk & Fernsehen - Abendstunden in meinem Sessel - mein Handy Ich könnte die Liste noch eine Klopapierrolle lang weiterfüh
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Wann hat das eigentlich angefangen, dass sich keine:r mehr festlegen will? Alle Optionen, Menschen und Beziehungen ganz offen ? Reicht eine Person nicht oder wollen sie alles haben oder die Möglichkeit (und das damit einhergehende Gefühl), alles haben zu können?  In mein Herz und meinen Kopf passt für eine tiefe Beziehung zueinander (und wieso sollte ich etwas darunter wollen?) maximal eine Person.  Wieso sollte ich eine beliebige Aktivität mit jemand anderem teilen wollen, wenn ich sicher weiß, dass ich sie ganz wunderbar mit dieser einen bestimmten Person teilen kann? Dass wir gut beim Reden, Wandern, Rumalbern oder im Dunklen, Kalten grummelig zusammen nach Hause Stapfen harmonieren?  Ich habe ja, außer wenn ich muss, auch nicht freiwillig mehr als eine Arbeitsstelle, Handynummer, mehr als ein Bett,  oder feiere meinen Geburtstag mehr als einmal. Weil die schönsten Dinge (okay, diese Argumentation greift bei der Arbeitsstelle nicht so ganz) eben nur im Original schön sind. Weswegen