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Es werden Posts vom Mai, 2021 angezeigt.

Im Sumpf

Viele von Euch kennen das, in der ein oder anderen Ausprägung, in stärkerem oder schwächerem Ausmaß: In den Seilen hängen. Im Loch hocken. Durchgelatscht sein. Während viele Depression immer noch mit Traurigkeit und Weinen assoziieren, macht sie sich bei mir eher durch Leere bemerkbar. Oder eben nicht. Sie fällt einem nicht auf wie ein Ausschlag, der plötzlich auftaucht und sich ausbreitet. Viel mehr schleicht sie sich von hinten an. Genussvolle Aktivitäten machen nicht mehr so viel Spaß, Raus zu gehen stellt eine scheinbar unüberwindbare Hürde dar und die Zukunft wirkt nicht geheimnisvoll, sondern wie eine trockene Steppe ohne Aussicht auf Wasser (etwas zugespitzt, ja). Die Gedanken bleiben nicht bei dem, was man gerade tut, sondern machen munter Ausflüge in die Vergangenheit, in der ja alles vermeintlich so viel besser war. Zurück bleibt ein schaler Geschmack und am Ende des Tages die Frage: Was habe ich heute eigentlich gemacht?  Ich bin im Kopf überall, aber nicht hier. In meinem K

Außerplanmäßig - Halt!

Orientierungsloses Aufwachen. Die Erinnerung an den vergangenen Abend verschwimmt unter dem Pochen des Schädels. Ein dumpfes Gefühl bleibt: Man kann die Schönheit des Moments nicht festhalten.  Dabei würde ich doch so gerne. Einfangen, einsperren, lang ziehen und in Endlosschleife immer wieder erleben. Bisher ist die Erfolgsquote dieser Maßnahmen gleich null. Oder minus zehn.  Glück ist ein flüchtiges Gas. Ich sollte mich freuen, wenn es ausströmt. Was meist unerwartet passiert. Wie bei so vielen Dingen, z.B. Sonnenschein, fährt man auch hier am besten, wenn man einfach nichts erwartet. "Einfach". Haha. Immer wieder bläue ich es mir selbst ein: Keine Erwartungen.  Unvoreingenommen rangehen. Schauen, was kommt. Dann stehe ich aber eben doch wieder da, die Mundwinkel schwerkräfteln, ich stelle fest: Das letzte Mal war's besser. Oder das vorvorletzte Mal. Irgendwann war es einmal toll, und das reicht, um eine Erwartungshaltung für all die folgenden Male zu legitimieren.  Das

Empfehlungen zum Hören, Lesen, Trinken (denn der nächste Shutdown kommt bestimmt)

Da ich sozial depriviert und dementsprechend geistig unterernährt bin (im sozial-kulturellen, nicht intellektuellen Sinne . Im letzteren war ich ja nie sonderlich hungrig.), kommen hier ein paar Empfehlungen für introvertierte Stubenmilben wie mich:  Musik :  Christian Löffler - Melodischer, verträumter Electro.  Falscher Hase (nach wie vor & wahrscheinlich für noch sehr lange) Villagers - Sanft und melancholisch.  Grossstadtgeflüster: Rotzgören-Pop. Fetzt.  Bücher: Hanns-Josef Ortheil: "Die Erfindung des Lebens" - Wunderschön, berührend, nah.  Umberto Eco: "Der Name der Rose" - Spannend und an manchen Stellen witzig.  Albert Camus: "Die Pest" - Klassiker, aber leicht zu lesen und anschaulich.  Helmut Krausser: "Einsamkeit und Sex und Mitleid" - Verschiedene Einzelschicksale, die sich im Laufe des Buches überkreuzen. Unterhaltsam, ironisch und leicht zu lesen.  Martin Suter: "Elefant" - Sooo eine süße Geschichte, die aber dennoch et

Pro & Contra

Für das Recht auf Rausch.  Gegen logische Unfehlbarkeit und Stringenz.  Gegen die Durchrationalisierung des eigenen Lebens.  Für das Heute. Morgen sehen wir weiter. Für das Recht auf Realitätsflucht.  Gegen endloses Abwägen.  Gegen die ständige Weiterentwicklung, die Annäherung an die eigenen Grenzen. Fürs Zuhören. Auch wenn es nicht immer bequem und mit den eigenen Ansichten stimmig ist.  Für den Frühling.  Gegen emotionale Distanz.  Gegens Rechthaben.  Fürs Weinen.  Fürs Lieder-in-Endlosschleife-Hören.  Gegen künstlerischen Anspruch.  Gegen Selbstzweifel.  Für Gegacker und Albernheit.  Für Salz, Zucker und Gluten.  Gegen Dogmen.  Gegen die Verarmung des Denkbaren.  Für das Aushalten von Dissonanzen. Weil die Welt nunmal aus Widersprüchen besteht.  Das Leben kann so schön sein. Schneiden wir uns ein Stück davon ab.  Wer weiß, wanns wieder welches gibt. 

Das Leben juckt und kratzt

Wer bestimmt, wer wir sind? Die "Gesellschaft"? Unser Beruf?  Kann ich mich beschweren, dass ich angepasst, klug, fleißig und vernünftig sein soll? Oder entscheide ich mich selbst dafür?  Kann ich mich beschweren, einer Arbeit nachzugehen, die mich im besten Fall langweilt, im schlechtesten total fertig macht?  Kann ich die Unfähigkeit der Regierung beschimpfen, ohne eine Alternatividee zu haben?  Uns fällt allen die Decke auf den Kopf. Wo früher Frühling war, läuft bei mir immer noch die Heizung. Auch ich bin durchgelatscht und grantig. Es kann nur leider niemand etwas dafür.  Ich habe es selbst in der Hand, und zwar jeden einzelnen Tag aufs Neue. Das ist manchmal unangenehm zu hören, weil ich dann auch selbst dafür verantwortlich bin, wie hoch der Mistanteil in meiner Gedankengrütze ist. Aber ich hab eben auch den Fuß auf dem Pedal, die Fernbedienung in der Hand. Niemand wird mich morgen mit einem brandneuen, sorgenfreien Leben überraschen. Also muss ich mich aus meinem zu

Wut

Wut tut gut.  Wut macht mich vom Opfer zum Handelnden. Holt mich aus meiner Hilflosigkeit raus.  Wut bringt dumpfe Depression nach außen. Da ist sie greifbar, anschaubar, da kann ich sie drehen, wenden, und mir überlegen, was ich damit mache. Sie nicht runterzuschlucken ist der erste Schritt zur Veränderung.  Dank der Wut erkenne ich mich wieder im Spiegel und sehe nicht einer Hülle entgegen, die sich scheinbar beliebig mit den Handlungen anderer und meiner stummen, untätigen Reaktion darauf füllen lässt.  Wut macht, dass ich mir wieder vertrauen kann; schließlich werde ich schon für mich sorgen.  Wut vertreibt die dumpfe Gleichgültigkeit.  Lieber bin ich wütend als innerlich tot.