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Das Kind

Wenn man mit jemandem sein ganzes Leben verbracht hat, würde man doch meinen, kenne ihn oder sie ganz gut. Oder?
Pustekuchen. Ich scheine mich selbst ungefähr so gut zu kennen wie den Ortsvorsteher von Wolfsbüttel (zu dem ich weder familiäre noch freundschaftliche Kontakte pflege). Im Grunde genommen bin ich weiten Teilen von mir selbst fremd: Was unter der obersten Schicht liegt, ist unentdecktes Land. So tief stochert man für gewöhnlich nicht zwischen Abendessen und Zähneputzen.
Muss ich Angst vor dem haben, was dort schlummert? Sind DAS diese "dunklen Abgründe", die in Geschichten über Axtmörder immer für die "grausame unmenschliche Tat" verantwortlich gemacht werden? Haben wir alle solche Leichen im Keller und sind nur einfach sehr geübt darin, das Modern zu ignorieren? So finster sehe ich das nicht.
Letzte Woche machte ich Bekanntschaft mit so einem Untergrundwesen. Es tauchte einfach aus den Untiefen des Kellers bei mir auf. Ohne teuflische Fratze, sondern mit einem Kindergesicht.
So sehr ich versuche, erwachsen zu sein (oder zumindest zu werden. Oder zu wirken.) - da lebt ein kleines Kind bei mir in der Einliegerwohnung. Das möchte spielen, sich austoben und vor allem, dass ich ihm zuhöre und mich um es kümmere, wenn es etwas braucht. Je mehr ich es ignoriere, desto lauter macht es sich bemerkbar. Ganz schön renitent, das Göhr. Manchmal wirft es sich mitten am Tag auf den Boden, schreit und trommelt mit den Fäusten aufs Parkett. Dann muss man es aufsammeln, einmal fest zusammenknautschen, et voila - schon ist es still. So einfach ist das.
Es möchte nur gesehen und gehört werden. Mehr nicht.

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