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Feschtle oder koi Feschtle?



Rosa Kissen? Nein, ein radelnder Zuckerwatteverkaeufer

Donnerstag, 24. September 2015. Vorsichtig tasten wir uns an die Santa Cruz’sche Plaza heran. Man weiß ja nie – wir rechnen mit umherzischenden Feuerwerkskörpern, wehenden Flaggen, marschierenden Marschkapellen, Konfetti und natürlich Menschenmassen. Heute ist schließlich der lang angekündigte, gigantomanoes zelebrierte Geburtstag von Santa Cruz. Als wir um die Ecke der Kathedrale biegen und uns auf die völlige Eskalation vorbereiten, schauen wir irritiert aus der Wäsche: Die Plaza ist so gut wie leer. Die übliche Cruceno-Touristen-Kombination strollt gelassen über den Platz – nichts mit Rambazamba. Das scheint vor allem merkwürdig, da halb Comarapa Kopf steht und den Tag mit Umzug und Kirmes feiert. Wir drei Mädels aus Comarapa haben uns für diesen Tag und das verlängerte Wochenende nach Tropic City begeben. Jetzt hocken wir da und suchen eine Bleibe für Wiebke, deren Übernachtungsgastgeberin kurzfristig abgesagt hatte. So schwitzen wir also vor uns hin, bis wir mal wieder eine Fotoanfrage bekommen. Leider nicht von Bolivias Next Topvoluntario, sondern bolivianischen Passanten. Nachdem uns ein deutschsprachiger Paraguayaner  bewusst macht, dass heute der letzte Tag sein könnte, an dem Gott uns dieses Leben gewährt, sind wir uns einer Sache bewusst: Wir fallen auf. Auch die Kinder in Majas Projekt fragen mich, warum meine Haare gelb seien und ob das bei allen Deutschen so sei.


Uebersieht man den Muell, kann man vom Strand traeumen...

Mit einem eiskalten Bier laesst sichs leben.
Oder man laesst sich gleich in die Bruehe schmeissen.




Am Freitagabend tut es -Surprise, surprise!- einen richtigen Duscher, und so ist für unseren Ausflug zum Fluss am Samstag optimales Wetter: Sonnig, aber ausnahmsweise mal nicht atemabschnürend und Schweißdrüsen-reizend heiss. Die „Cabanas“ (Hütten) stellen sich als eine im Wald gelegene Fressmeile heraus, die im kaum Wasser führenden Flussbecken mündet. Wir schlappen durch die Pfuetzen, lassen uns die Sonne auf den Pelz brennen und trinken literweise „Chicha“, ein Erfrischungsgetränk aus Mais (zuckersüß- wer hätte es gedacht? :D). Satt und sandig fahren wir im Sonnenuntergang zurück. Majas Projektcompaneros sind schon am Plakate-Basteln für die abendliche Intervention auf der Plaza. Diese ist nämlich der einzige Fleck, an dem Küssen verboten ist – kein Scherz! Dagegen wollen die bolvivianischen Freiwilligen revolutionaer rebellieren, und so stehen wir eine halbe Stunde später mit Lippenstift-Kussmündern vor der Kathedrale und küssen uns gegenseitig. Natürlich nur auf die Wange, wo denkt ihr denn hin?  ;) Dazu werden Parolen wie „Ein Kuss ist nicht anstößig!“ oder „Ein Kuss ist Liebe!“ gebrüllt. Das Ganze macht unheimlich Spaß und zieht auch ein paar Passanten an. Auch ich bekomme einen Schmatzer aufgedückt- von einem Clown.
Am Sonntag geht es leider schon wieder heim. Auf der Rückbank artet die sonst ruhige Fahrt für uns drei zu einem ziemlichen Rumpel-di-Pumpel aus. Meinem universellen Talent, Dinge kaputt zu machen, zu verlieren oder zu verschlampen, ist auf unerklaerliche Weise mein brandneues (das Arme sah nur eine Woche die bolivianische Sonne) Ebook zum Opfer gefallen, durch dessen zartes Displazy-Gesicht sich ein sauberer Riss zieht. So sitze ich unterhaltungstechnisch ziemlich auf dem Trockenen (Internetstick hat auch ins Gras gebissen). Ihr seid herzlich eingeladen, diese Leere an Zerstreuung mit euren Botschaften und Musiktips zu fuellen (an dieser Front siehts naemlich auch dunkelgrau aus).
P.S.: Danke an alle, die meiner Bitte nach Nachrichten nachgekommen sind! Ueber Nachschub freue ich mich wie ein Affe ueber Bananen. (Ueber Bananen freue ich mich natuerlich auch ;) )

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.