Direkt zum Hauptbereich
Weder hin noch weg 
"Zu jeder bedeutenden Tat gehört eine gewisse Naivität, um nicht vor der Größe des Vorhabens zurückzuschrecken." 
Elsa Rentrop (1907-94), deutsche Lyrikerin
Da steht man, nach zwölf Jahren, mit ein paar Seiten laminierter Pappe in der Pfote. Zwölf Jahre, um die 12.000 Stunden - nicht wenige im Rückblick umsonst - verbrachte man damit, sich Bildung und Methoden zur Aneignung derer in die Omme zu kloppen. Schule strukturierte unsere Tage, zwang uns ins und wieder aus dem Bett, stellte uns beständig Aufgaben.
Und jetzt? Diese Frage hat jeder Abiturient in den letzten Wochen wohl öfter gestellt bekommen als
Wie sich herausstellte, war ich nicht die Einzige, die sich darüber erst kurz vor (oder eben nach) knapp Gedanken machte. Als ich mich Anfang Februar mal gemütlich im Internet nach "was Sozialem irgendwo in Südamerika" umsah, hatte ich die Bewerbungsfristen bei den meisten Organisationen schon um zwei bis fünf Monate verpasst. Glücklicherweise bekam ich durch ein späteres Auswahlseminar noch einen Platz im weltwärts-Programm des Bolivianischen Kinderhilfswerks.
Das BKHW ist ein kleiner Verein, der mit diversen Einrichtungen für Kinder, Jugendliche und andere benachteiligte Gruppen in Bolivien zusammenarbeitet. Jedes Jahr werden vom BKHW etwa 50 Freiwillige entsandt, die sich ein Jahr lang in den verschiedenen Projekten engagieren.
Anfang Juli wurden wir Augustausreisenden auf einem zehntägigen Vorbereitungsseminar mit möglichen Problemen im Gastland konfrontiert. Meine Ängste wuchsen parallel zu meiner Vorfreude an. Wieder daheim, standen Impfungen, Vorbereitungen und -natürlich- Papierkram an.
Jetzt, ein paar Wochen später, sitze ich auf halbgepackten Koffern mit dem untrüglichen Gefühl, etwas unheimlich Wichtiges verdusselt zu haben. Abschiedsschmerz mischt sich mit Ungewissheit zu einer trüben Aufbruchssuppe.
Ich verbleibe mit angehaltenem Atem und spürbarer Anspannung!
Noch vier Tage!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.