Wer Santa Cruz für ein nettes kleines Städtchen in den
Tropen hält, der irrt. Die Temperaturen lassen Zungen am staubigen Boden
schleifen, gelegentlicher Regen macht das Ganze noch schön dampfig. Obwohl
schachbrettartig aufgebaut, scheint diese Stadt ein Labyrinth zu sein: Auf den
ersten Blick sieht jede Straße mit ihren Imbissen, Autowerkstätten und
Straßenverkäufern gleich auszusehen. Betrachtet man die Werbeplakate, meint
man, in einer etwas dreckigeren Version einer US-amerikanischen Großstadt zu
sein.
Aber nun mal von vorne. In einem völlig überladenen Kleinbus
schepperten wir vom Seminarort, einem wunderschönen Kinderheim etwas außerhalb,
zum Busbahnhof von Santa Cruz. Wegen des Visums wohne ich derzeit für ein paar
Tage bei der Gastfamilie von Chrissi, einer anderen deutschen Freiwilligen. Als
eine junge Frau aus einem weißen Geländewagen springt und uns überschwänglich
begrüßt, stutze ich erstmal: Diese perfekt proportionierte, jugendlich
anmutende, Hotpants tragende, Dekolleté zeigende Grazie soll Chrissis
Gastmutter sein? Wie sich auf der Fahrt herausstellt, ist Sandra 26 und
Chrissis Gastschwester. Mit ihren Eltern und ihrem Bruder sowie einigen uns
unbekannten Damen (Köchinnen? Gäste? Who knows? :D) wohnt sie in einem Häuschen
etwas außerhalb des Zentrums. Auf der Fahrt dorthin werden wir fast erstickt
von spanischen Worten. Mit Sandras unstillbarem Durst nach Kommunikation werden
wir es die nächsten Tage noch öfter zu tun haben. Unser Zimmer ist frisch
gestrichen – Geruch und Farbe an unseren Händen nach Öffnen der Tür lassen
daran keinen Zweifel – und sauber. Mit Sandra und ihrem Cousin latschen wir
durchs Zentrum. Von A nach B bringt einen hier die Micro, das sind Kleinbusse
in unterschiedlichem Zustand (von schrottreif bis neu). Haltestellen gibt es
keine, man streckt einfach die Pfote aus und schwups, kommt die Kiste mit
quietschenden Reifen neben einem zum Stehen. Für ein bis zwei Bolivianos –
abhängig von der Gutmütigkeit der Fahrer – kann man quer durch die Stadt
cruisen. Mit über hundert Linien ist das Ganze leider nicht ganz so leicht zu
nutzen. Weil wir fast aus den Latschen kippen, hauen wir uns schon gegen halb
zehn ins Bett. Danke, lieber Jetlag.
Am Mittwoch stehen Behördenbesuche mit den Koordinatoren an. Toti, unsere Koordinatorin, und ihr Gehilfe Herman (ja, er heißt wirklich so :) ) regeln so gut wie alles für uns dumme Gringos.
Die Wartezeit verquasseln wir mit den anderen Freiwilligen
und tauschen uns über unsere Gastfamilien aus. Kopfzerbrechen bereitet mir,
dass ich immer noch kein Geld abheben kann. Ich sehe mich schon im Flieger
zurück nach Deutschland – heimgeschickt wegen mangelnder Mittel. In einem vegetarischen
Restaurant komme ich an frisches Gemüse (Salat!SALAT!) und im todschicken
Telefonladen an WLAN Klimaanlage und Kaffee alias Zuckersirup. Vor lauter
Freude kaufe ich einen Internetstick für knapp 40 Euro, den ich gar nicht
brauche. Nach einem Bierchen mit den Koordinatoren finden wir irgendwie nach
Hause.
Donnerstagvormittag besuchen wir Chrissis Projekt, ein
Kinderheim für Pimpfe von null bis sechs Jahren. Die Anlage ist sehr hübsch und
gepflegt, die Kinder süß. Die ehemalige Freiwillige berichtet von strengen
Erzieherinnen, was mir ein bisschen Angst macht – auch in Hinsicht auf mein
Projekt. Durch die Bemühungen meiner Mutter (DANKE J ) kann ich endlich
Geld abheben. Der restliche Tag geht für Gammeln, Skypen, Futtern und
Unterhaltungen mit der Familie drauf.
Wir halten fest: Hier werden öfter Straßenhunde angefahren,
das Gemüse habe ich trotz aller Warnungen gut vertragen und der Kaffee ist
vergleichsweise sauteuer L
Saludos!
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