Direkt zum Hauptbereich

Wenn alles in mir opponiert

 Kacke ist, was zu tun, was sich nicht gut anfühlt - weder in dem Moment noch hinterher. Wenn etwas, irgendetwas in einem sich quer stellt. Nun werdet ihr wahrscheinlich sagen: "Ja, aber manche Dinge muss man trotzdem..." Richtig. Ich spreche (oder schreibe) aber hier nicht von Tätigkeiten wie Putzen, Aufstehen oder Schnee schippen. Mir geht es mehr um die grundsätzlichen Dinge. Womit wir so die Stunden zwischen Aufstehen, Mittagessen und dem obligatorischen Spazier- oder auch nur Gang zum Supermercado verbringen. Das kann Arbeit sein. MUSS es aber nicht. Die zweite Aussage lerne ich erst gerade. Es ist kein ungeschriebenes Gesetz, kein Statut, das uns bei der Geburt mit Abtrennung des Nabels mitgegeben wird: So, kleiner schrumpeliger Wurm, ne Nabelschnur hast du jetzt zwar nicht mehr, aber einen Vertrag, dich bis zur Rente schön gleichmäßig zu knechten. Dass ich von solch einem Pakt nichts mitbekommen habe, liegt vermutlich nur zu kleinen Teilen an meinem zum damaligen Zeitpunkt noch geringer ausgeprägten Erinnerungsvermögen. Sondern daran, dass es so eine Vereinbarung nicht GIBT. Warum auch? Sie wäre ja absoluter Bullshit. Was würde denn passieren, wenn sie gebrochen würde, wenn jemand einfach eiskalt seinen Job hinschmeißen würde? Oder, die potenzierte Unverschämtheit, gar nicht erst einen lernen würde? (Welch törichte Schweinerei. In den Kerker mit ihm/ihr!) Folgt daraus die ewige Verdammnis? Andererseits - was ist ein Leben in Knechtschaft anderes als Verdammnis? Verdammnis in gerade so verträglichen Dosen. Mit ein bisschen Spaß, Schlaf und Wochenende zwischendrin. 

Dass ich mich darüber so herablassend äußere, liegt an zwei Dingen: Zum einen bin ich wahnsinnig privilegiert und musste mein Leben lang selbiges noch nie komplett selbst finanzieren. Aus dieser erhobenen Position lässt sich leicht urteilen, das stimmt schon. Zum anderen macht mir die Vorstellung, mehr als ein Drittel meines Tages etwas zu tun, was mir widerstrebt, Angst. So viel Angst, dass ich erstarre und - bewusst oder unbewusst - alles tue, um dieses Szenario so weit wie möglich von mir wegzuschieben. Die klassische Verdrängung: Nene, mich betrifft das nicht. Ich studiere ja eh noch ein paar Jahre, und dann erst die Ausbildung, und dann ist es ja eigentlich schon Zeit für die Rente. (Haha, welche Rente?) Ich finde diese Aussicht nicht nur unerquicklich, sondern sie deprimiert mich so sehr, dass ich jetzt schon versuche, mich seelisch darauf vorzubereiten, in dem ich mich in vergleichbar unerquickliche Gefühlszustände begebe und quasi schon mal vorschnuppere. Ich kann euch verraten: Es schnuppert nicht rosig. Eher nach einem ordentlichen Haufen Mist. 


Daher habe ich für mich selbst jetzt die Arbeitshypothese aufgestellt, dass es einen anderen Weg geben muss. Zwanzig bis dreißig Stunden pro Woche mit etwas zu verbringen, wofür ich wirklich brenne, klingt für mich erstrebenswert. Dass Arbeit, so wie alles andere, nicht immer Spaß macht, ist mir bewusst. Aber wenn summa summarum ein Plus bei der Rechnung herauskommt, dann kann ich damit sehr gut leben. So weit, so gut. Jetzt muss ich das nur noch meinem Über-Ich beibringen. 

Kommentare

  1. Kann nur noch hinzufügen, dass Sachen wie Putzen, Aufstehen und Schneeschippen auch ziemlich geil sein können ... vor allem, wenn man bissl in sich reinlauscht und sie dann angeht, wenn es sich danach anfühlt. 🙃

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.