Es brodelt. Wenn ich das Gefühl verorten müsste, wäre es in der Bauchgegend, etwa auf Nabelhöhe. Wird das Feuer angefacht, steigt die Hitze. Manchmal bis zum Kopf. Dann gilt es, aufzupassen, dass der Vulkan nicht ausbricht oder zumindest keienr durch die Lava zu Schaden kommt. Die Pompeiianer konnten schließlich nix dafür, dass sie ausgerechnet an einem explosiven unterirdischen Ungetüm gesiedelt hatten.
Wut. Das Wort allein beschwört schon genau jenes heiße, lodernde Empfinden herauf, das ich reflexhaft mit einem "Vorsicht, Gefahrenzone!"-Schild versehe. Aber warum? Warum ist Wut so ein ungebetener Gast? Hat sie uns doch buchstäblich den Hintern gerettet. Hätten wir uns nicht gegen Säbelzahntiger verteidigen müssen, wären wir heute nicht hier. Warum also tun wir so, als sei sie nicht da? Verschließen die Augen vor ihr oder drängen sie in Randbereiche des (gesellschaftlichen) Miteinanders? Mal ehrlich - wo ist es akzeptiert, Aggressionen auszuleben? Im Sport, speziell Fußball und Kampfsport. Bei politischen Debatten schon nicht mehr uneingeschränkt. Im Rap. Neuerdings auf Youtube und Social Media (worüber es dann entrüstete Artikel von den "anständigen" Medien gibt, um sich auch ja auf der moralisch korrekten Seite zu zeigen). Wo kämen wir denn hin, wenn wir öffentlich die Verletzung unserer Grenzen und Rechte deklamieren und anklagen dürften?!
So schlucke ich, schlucken wir, meist runter, was uns vorgesetzt wird. Friss oder stirb. Oder lauf ein paar Runden um den Block, um wieder runterzukommen. Aber reg dich BLOß nicht auf!
Keiner von uns ist niemals wütend. Selbst Mutter Teresa hat sicher mal 'nen Rappel bekommen ob all der Grenzüberschreitungen, Ungerechtigkeiten und Missstände. Oder einfach, wenn ihr Mitbewohner die letzte Rolle Klopapier aufgebraucht hatte. (Da fällt mir auf: Ich weiß gar nicht, wer Mutter Teresa eigentlich war oder was sie machte...)
Davon, sie zu verbannen, verschwindet Wut aber nicht. Wie ein im Keller eingesperrtes Kind schreit sie nur lauter und findet im schlimmsten Fall sehr ungünstige Türen, um auszubrechen. Dann muss ein unschuldiges Tier, Mensch oder Pflänzchen dran glauben. Wo es doch so einfach mit einem kurzen, reinigenden Auskotzen beim Mitbewohner getan gewesen wäre.
Wollen wir das wirklich? Einen so wuchtigen Teil von uns einschnüren, abschneiden? Ich weiß nur: Wenn mein Feuer nicht genug Raum bekommt, wird es verdammt heiß, und ich will nicht von innen verbrennen. Ich wärme mich lieber an der erkaltenden Glut, als verkohlte Asche aufzusammeln, wo mal Blumen waren.
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