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Quali-Schein fürs Erwachsensein

Was impliziert Erwachsensein? Was muss ich als mündiger und halbwegs vernünftiger Bürger können? 
Reicht es,
- ein Einkommen zu haben (welches keine Ausbildungsförderung oder Unterhalt ist),
- eine Steuererklärung machen zu können,
- eine Pflegeversicherung zu haben,
- Auto fahren zu können (und zwar wirklich, nicht nur auf dem Papier!),
- regelmäßig (< 1 mal pro Jahr) Staub zu wischen,
- einen Toilettendufter zu haben,
- in der Lage zu sein, vor halb neun das Bett zu verlassen,
- eine Email-Signatur zu haben,
- so etwas wie eine Frisur und saubere Schuhe zu haben (oder sie gar zu putzen),
- Bekannte zu "einem Glas Wein" einzuladen,
- die entsprechenden Weingläser zu besitzen und
- diese fachfräuisch zu spülen (ohne Kalkränder. Wie das ohne Duschabzieher gehen soll, muss mir noch jemand verraten),
- ein Nachmittagstief zu überkommen und es nicht gleich in den Feierabend fließen zu lassen,
- in Aktien zu investieren,
- sein Fahrrad selbst reparieren zu können,
- bei offiziellen Menschen anzurufen (anstatt in der dreifachen Zeit eine umständliche Mail zu formulieren oder sich einfach nie eine:n Hausarzt:in zu suchen),
- pünktlich von zuhause loszugehen, sodass man nicht rennen muss,
- keine Zahnpasta in den Mundwinkeln und
- einen Speiseplan für die ganze Woche zu haben? 


Nur: Sollte ich das alles jemals erreichen - für das Auto, das Fahrrad und den Speiseplan sehe ich leider schwarz -, werde ich mich wahrscheinlich trotzdem kein Stück erwachsen fühlen. Ich verstehe dieses ganze Konzept nicht. Es klingt so spaßbefreit. Oder ist das nur in meiner Vorstellung so? Habe ich eine falsche Definition davon? 
Die Ironie in dem Ganzen ist, dass ich Manches davon sogar schon einmal konnte und es nicht hinterfragt habe. Vor sieben aufzustehen, Zeitung zu lesen, saubere Klamotten zu tragen und die Instruktionen Vorgesetzter (hier: Lehrer:innen und Chef:innen) zu befolgen. Ging es mir damit gut? Weniger. Womit wir wieder bei der befürchteten Eintönigkeit wären. 
Ich brauche einen Gegenentwurf. Dafür freue ich mich über Anregungen von Euch. Was macht ein erfüllendes Leben für einen Menschen nach der Pubertät aus?
- Singen, auch Popsongs, laut, melodramatisch und mit falschem Text,
- Schlaf, genügend und erholsam, einschließlich verstörender bis erhellender Träume,
- zumindest eine grobe politische Richtung, eventuell auch ein Herzensthema, 
- unvernünftige Ernährung mit viel Zucker, Kaffee und auf jeden Fall Mahlzeiten nach neun Uhr abends,
- in der Kneipe mit Freund:innen versacken,
- zu faul zu sein, um rauszugehen,
Wochenendtrips - von unschätzbarem Erfrischungswert
- Stretch- und Gummizughosen,
- ein etwas zu lautes Lachen,
- Lästern aus Neid auf Boomer, High Achiever und süße Mausis,
- am Handy festkleben, ohne hinterher zu wissen, was man eigentlich in den drei Stunden tat,
- sich das Herz mit kitschigen öffentlich-rechtlichen Soaps zu tätscheln,
- bei Kummer oder Finanzfragen die Mama anzurufen,
- auch mal zu miefen,
- die Nachbar:innen zu grüßen,
- Montage zu hassen,
- seine Meinung kundzutun,
- auf Datingplattformen rumzuhängen,
- Herzklopfen bei wuscheligen Hunden zu bekommen,
- kein Kind zu wollen,
- keine Altersvorsorge zu haben und
- ab und zu weinen zu können. 

Wenn ich schon nicht drum rum komme, Verantwortung zu tragen, dann bitte für ein Leben, das es wert ist. Auch wenn mein Geld nicht mehr wird und meine Leber nicht gesünder. Schließlich wartet die Sonnenseite nicht, bis ich die Rente erreicht habe. Jetzt ist sie da. Ich bin bereit. 

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.