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Ping Pong zwischen den Schädelknochen

Beim Frühstück blicke ich schon dem abendlichen Trash-TV-/Youtube-Schauen entgegen. So habe ich mir das aufregende Leben als Mittzwanzigerin vorgestellt. 
Nicht. 
Okay, ich dramatisiere das jetzt nicht. Mir geht's gut und ich habe es kuschlig warm und gemütlich hier in meiner Klause mit genügend Futter, unbegrenztem Zugang zu Bildung und Unterhaltung und sogar gelegentlicher Ansprache durch einen anderen Menschen. Nirgendwo tobt gerade das wilde Leben. 
So aktiviere ich die Bühne in meinem Kopf und schöpfe mir mein eigenes kleines Unterhaltungsuniversum. Was wird heute gespielt? Zur Auswahl stehen Drama, Satire oder melancholische Schnulze. (Vielleicht sollte ich mal den Drehbuchautor austauschen. Oder zumindest weiterbilden.)
Nutze ich als Drehbuch ein solches, also ein richtiges, echtes Buch, fühlt sich das noch ein bisschen würdevoller an, als wenn ich einfach eine fertige digitale, mit Geschmacksverstärkern versetzte Komposition kopiere. Wobei ich mich auch daran gewöhnt habe. Schnell, leicht verdaulich und auch mit unordentlichem und durchgewalztem Geist anwendbar. 
Ist der Geist noch vollgerümpelter, empfehle ich Kreuzworträtsel oder, falls gar nüscht mehr geht, rumliegen und Podcast/Musik hören. Dazu wäre eigentlich ein Muster an der Zimmerdecke oder ein Himmelbett eine edle Sache, fällt mir gerade so auf. Kommt auf die Liste der Dinge, für die mir bislang noch Geld, Geduld und vor allem Motivation fehlt. Letztere steigt ja meist erst mit dem dringenden Bedarf oder der Notwendigkeit von etwas exorbitant an. Also kann das gerade wohl nicht so wichtig sein. 
Ich verliere mich in Details. Nicht schlimm, so einen richtigen Punkt habe ich nämlich gar nicht. 
Außer vielleicht die Bedenken, die ich angesichts meines permanenten Klebens an Bildschirmen hege. Das fühlt sich ungefähr so an, wie eine Weile nicht geduscht zu haben. Es geht keine konkrete Bedrohung davon aus und doch fühlt es sich irgendwie ungut an. Ein bisschen wie lange aufgeschobene Anliegen oder meine Neigung, bei Anrufen einfach nicht abzunehmen. (Wie war das eigentlich, als man noch ein Festnetztelefon hatte, das regelmäßig klingelte? Nicht auszudenken, diese Mini-Herzinfarkte mehrmals am Tag zu haben.) 

Zum Schluss noch ein Häuflein Nettes: 
- Es schneite! Richtige dicke, weiße Flocken. Wer hätte das im Klimawandel noch erwartet? Wie beglückend. 
- Wanderschuhe kann man locker als Winterstiefel nutzen. 
- Technische Geräte können einwandfrei funktionieren, und das sogar mehrere Jahre lang. 
- Feuerwerk bekommt eine herausstechendere Wirkung, wenn es nicht in Masse abgefeuert wird. 
- Wir bzw. ich haben momentan vielleicht mehr (freie) Zeit denn je. Wie herrlich. Rumschlonzen und -hängen ohne (oder zumindest mit weniger) schlechtem Gewissen, Zeit zu verschwenden. 
- Fußbodenheizungen. FUßBODENHEIZUNGEN! Nennt mich materialistisch, aber ist das nicht eine luxuriöse Sache? Eiderdaus. 
- Dialekte. Die hören wohl nie auf, lustig zu sein. 
- Deutschlandfunk-Podcasts. Da lohnt sich doch die GEZ. Welch eine Hülle, Fülle und Vielfalt an Themen und Formaten. Man könnte wohl ein ganzes Leben ohne zu schlafen mit dem Hören von Deutschlandfunk-Podcasts zubringen. Es wäre nicht das schlechteste Leben. 

Wie immer, würde es mein isoliertes und in Vakuum herumschwebendes Gemüt höchst erfreuen, von eure Höhepunkte und kleinen Freuden zu hören. Wirklich. Jede Form von Impuls und Inspiration ist meiner absoluten Aufmerksamkeit und Dankbarkeit sicher. 

Bis dahin: Bleibt gesund, auch seelisch. 

Kommentare

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Hallo liebe Carotte, :)
    vielen vielen Dank, es ist immer wieder eine wahre Wonne, in Form von herrlich wohlformulierte Texten ein wenig an deiner Gedankenwelt teilhaben zu dürfen!
    Ich schnapp mir einfach mal ne gummibespannte Holzkelle und spiele den Ball zurück ...

    Die Zeit hat es in sich! Zumindest als einer der Privilegierten, die lediglich (zeitweise) auf Kulturangebote, Sporteinrichtungen, Gastronomie, Reisen und größere Zusammenkünfte verzichten müssen, durfte ich in den letzten Wochen erfahren, wie schön es doch sein kann, seine Freude und Dankbarkeit auch den kleinen Wundern des Lebens widmen zu können. Seien es neue WG-Traditionen ... zur Abwechslung ein Weihnachtsfest in Quarantäne und abseits der Familie ... zwei Tage vor Weihnachten durch eine nahezu leere Einkaufspassage schlendern ... neue oder vernachlässigte Fähig- und Tätigkeiten für sich (wieder)entdecken ... ein freundlicher Plausch im Imbiss um die Ecke, in dem man immer noch sehr gern selbst eine Dose mitbringen darf ... ein Klettertag an einem grauen zugigen Wintertag und die wohlige Wärme am Abend ... neue und altbekannte Gegenden im häusliche Umfeld entdecken oder mit anderen Augen sehen ... nach einem Arbeitstag vor der geduldigen Mattscheibe einfach noch mal aktiv an der frischen Luft sein ...
    Was immer es ist - es ist ein tolles Gefühl, das was man tut, schätzen zu können!

    Mein heutiges Hoch des Tages? Ein Spaziergang an der Elbe. Einen neuen Menschen kennenlernen. Mich vom kalten Januarwind auf dem Feld wach pusten lassen. Beim abendlichen Heimradeln durch die leere Stadt durch Schneegriesel in Augen und eiskaltem Gesicht, sowie Flockenwirbel und Wintergewitter um mich herum, der Lebendigkeit des Lebens gewahr werden.

    Was immer ihr macht, macht es mit Freude. Hört auf eure Bedürfnisse und die der Menschen in eurem Umfeld. Generiert und mehrt positive Energie. Ein Lächeln auf der Straße. Eine freundliche Geste zum Kollegen. Ein Telefonat mit einem Menschen, den man lange nicht mehr gehört hat. Achtet auf euch und helft anderen. Und das Wichtigste: Hört nicht auf meine Worte! ;) Sie entspringen nur einem Geist unter Milliarden. Die Welt ist voll von externen Einflüssen und Informationen und die Kunst besteht darin, daraus den für sich relevanten Anteil zu destillieren.

    Mit diesen Worten prallt der Ball vom Gummi zurück ... Hinaus in eine Welt voller Gedanken und Taten, Erlebnisse und Berichte, Schreibenden und Lesenden. Hinaus in eine große Wolke aus Daten, die wächst und wächst, uns bereichert und verkümmern lässt, nähren und aussaugen kann, und uns mit Sicherheit noch eine ganze Weile auf unserem Weg begleiten wird.

    Mit winterlichen Grüßen

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
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