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Bewegung in meinem verschnarchten Leben

Mit der Mutter ist das ja so eine Sache - kommt man auf die Welt, haengt man buchstaeblich an ihr dran. Mit beginnender Pubertaet mausert sie sich langsam zur Reinkarnation der Nervensaege und Besserwisserin. Ist man aus der kritischen Phase heraus, schaetzt man genau diese Fuersorglichkeit und die "oh-mann-wie-ueberfluessigen" Ratschlaege wieder. Als meine Mutter nebenbei anmerkte, mein Zimmer sei nicht wirklich eine Oase der Reinlichkeit, traf mich das mehr, als es das noch vor ein paar Jahren getan haette.
Caporales- ein Folklore-Tanz, bei dem die Maenner
Glocken an den Stiefeln tragen
Monatelang hatte ich mich gefreut, und schliesslich stand sie leibhaftig und schwer bepackt vor mir. Ja, ich gebe es zu, die von ihr mitgebrachte Schokolade mag einen kleinen Teil meiner Wiedersehensfreude ausgemacht haben ;) Nach zwei Wochen Sightseeing in Bolivien schleifte ich mein Muttertier in mein zur Heimat gewordenes Kleinoed, ging mit ihr Pique Macho alias den Fleischberg des Teufels essen und genoss das euch sicher allen bekannte, alles uebertreffende selbst gekochte Essen einer richtigen Mama. Im Kindergarten freundete sie sich direkt mit den Stupsnasen an und heimste haufenweise Komplimente von den Mitarbeiterinnen fuer ihr Aussehen ein. Mit offenen Muendern verfolgten wir das anlaesslich des bevorstehenden Muttertags stattfindende mitreissende Tanzfestival.

Als die Pimpfe aus dem Kinder in neonfarbenen Mini-Trachten zu Tinku, Potosis traditionellem Tanz, auf und ab huepften, war ich mit einer Menge Muetter ganz schoen stolz. Die Proben waren manchmal ein nervlicher Zehnkampf gewesen: Eine 40 Kind starke Mannschaft herumtollender Flummis in Reihen und Kreise zu manoevrieren, erforderte neben schrillen Trillerpfiffen den ein oder anderen Schweisstropfen. Wie sie da unter ihren mit bunten Baendern behaengten Hueten hervorgrinsten und stolz ihre Haxen schwangen, das sah schon sehr niedlich aus.

Meine liebe Erzeugerin loeste sich mit dem naechsten Besuch ab - nach Monaten toter Hose war mal richtig Halligalli hier- und meine Schulfreundin Nora schlug in Santa Cruz auf. Knapp drei Monate war sie durch Suedamerika gereist, hatte Nationalparks, Metropolen und Dschungel gesehen.


Zusammen mit Astrid, einer hollandischen Rucksackreisenden, duesten wir nach Brasilien, um im Pantanal, einer Art Sumpfgebiet, drei Tage Tiere aufzuschnueffeln. Irgendwie hatte ich es beim Packen fuer nicht wichtig befunden, meinen Reisepass mitzunehmen, und so stand ich mit meinem bolivianischen Ausweis an der Grenze und hoerte mir Noras Ruegen an. Klappte alles trotzdem gut, auch, sich am Schalter zum Zahlen der Einreisegebuehr vorbeizuschleichen. Auf einem Nachtspaziergang und einer Wanderung durch die Suempfe (haengst du einmal dick im Schlick, koennen deine Waden baden) erspaehten wir Warzenschweine, Eisvoegel, Affen und eine rote Schlange. Als wir auf dem Boot zum Piranhafischen rausfuhren, hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, nachdem ich die Koeder buchstaeblich an die Fische verfuettert, aber keinen einzigen an der Angel gehabt hatte, als Nora ploetzlich ein zappelndes Exemplar am Haken hatte. Da staunte sogar Alan, der gelangweilt im flachen Wasser herumduempelnde Kaiman.
Abends am Lagerfeuer bot unser Guide uns etwas von seinem beruehmten cachaca (Zuckerrohrschnaps) an. Euch ist dieser vermutlich aus dem caipirinha mit Limettensaft und Zucker bekannt. Wir jedenfalls bekamen dieses Teufelsgesoeff in Begleitung von nur ein paar Limetten serviert. Was das fuer eine Schnapsidee (Achtung, Wortwitz!) war, merkte ich am naechsten Morgen. Mein Kopf war schwerer als jedes Warzenschwein, und ich haette in dem schwankenden Boot am liebsten ueber die Rehling gespien. So kurierte ich mein Kaeterchen nachmittags auf der vierstuendigen Fahrt nach Bonito, einer kleinen Stadt weiter im Sueden, aus. Dort fanden wir ein super fancy - oder auf anstaendigem Deutsch luxurioes ausgestattetes - Hostel und den nicht minder krassen Supermarkt. Wir deckten uns gleich mit allerlei in Bolivien nicht erhaeltlichen Guetern (Kaese! Richtiger Kaese!) ein und veranstalteten ein seltsames Abendessen mit Tomatensosse, Kaesegebaeck und Schokolade. Wir entschieden uns fuer einen Schnorchelausflug am naechsten Tag. Schon Stunden vorher bibberte ich beim Gedanken an den kalten Fluss, der uns erwartete. Der deutschsprachige Fuehrer aus Nurnberg steckte uns in Neoprenanzuege und schickte uns in den Fluss. Tatsaechlich fror mir nichts ab! Fische schwammen ein paar Zentimeter an mir vorbei, Wasserpflanzen neigten sich in der Stroemung und Quellen blubberten vor sich hin. Unter Wasser herrschte solch eine Ruhe und Langsamkeit, dass man vergass, dass es noch eine geraeuschvolle Welt ueber Wasser gab. Nora, in ihrer offenen Backpackerart, verabredete sich mit ein paar Englaendern und so gingen wir im einzigen Pub Bonitos brasilianisches Bier trinken. Von cachacas liessen Astrid und ich geflissentlich die Finger. Nora verewigte uns mit unseren Namen und einer etwas abenteuerlich daherkommenden Brezel an der Wand, bevor wir am naechsten Tag abfuhren: Sie und Astrid 20 Stunden zu den Iguazu-Faellen im Sueden Brasiliens, ich mit drei anderen Freiwilligen zurueck nach Santa Cruz.
An der Grenze zu Bolivien beschlich mich ein bisschen Muffensausen. Der Grenzbeamte sprach jedoch deutsch (was dort irgendwie verbreiteter ist als Spanisch, jedenfalls verstand mich keiner, wenn ich es damit versuchte) und als er meine mit Dummheit kombinierte Verzweiflung realisierte, winkte er mich auch ohne Ausreisestempel in meinem nicht vorhandenen Pass durch. So weit, so gut, back in Bolivia. Was in Erinnerung bleibt aus Brasilien: die unfassbar westlich aufgebauten Staedte mit Einkaufsmalls; nie endende Strassen, an denen meilenweit kein Haus auftaucht; das Portugiesisch, das einerseits wie glattgebuegeltes Spanisch und andererseits wie eine komplett fremde Sprache anmutet; leckeres Gebaeck, Schokolade und Bohnen mit leckerer salziger Sosse. Definitiv moechte ich auf diesen riesigen Flecken Erde zurueckkehren.

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.