Fährt einer in die Ferne
Und isst dazu noch gerne
Geht’s ihm mit etwas Pech
Gelegentlich mal schlecht.
So holperten meine Mitfreiwillige Lea aus Santa Cruz und ich
eines sonnigen Samstagmorgens von Cochabamba ins vier Stunden entfernte
Bergdörfchen Toro Toro. Wir waren hungrig nach neuen Abenteuern, nach
Schluchten und Wasserfällen und dem Duft der Wildnis. Statt Wohlgeruch zog uns
beim Ankommen eisige Kälte unter den Pelz, das Dorf war ein von jeglichem
Empfang abgeschnittener Fleck inmitten
einer virtuell vernetzten Welt, und meine geliebten Karotten konnte ich auch
nicht finden. Dafür wartete das 300-Einwohner-Kaff mit nächtlicher Unterhaltung
auf: Ein junger Mitbürger, der am UN-Einsatz im Kongo teilgenommen hatte,
feierte die Rückkehr in seine Heimat und hatte glatt das ganze Dorf eingeladen.
Touris included. Nach vielen Ehrungen und noch mehr Chicha (Maisbier) legte die
extra eingeflogene Band aus Argentinien los und Lea schwang das Tanzbein.
Letzteres drohte mir abzufrieren, weswegen ich mein Bett einem lustigen
Tänzchen vorzog.
Mein Schlaf wurde jäh unterbrochen, als jemand neben mir
nach Ulf rief – wenn ihr wisst, was ich meine. Wie sich am nächsten Tag,
nachdem Lea ihren Mageninhalt in feinen Portiönchen komplett entleert hatte,
herausstellte, hatte sie sich gründlich den Magen verdorben.
Am Sonntag früh brachen wir mit Führer und einer Gruppe
Bolivianer auf und fuhren in die Berge des Nationalparks Toro Toro hinauf. Hier
hatte vor etwa 500 Jahren ein Volk Höhlen entdeckt, in denen sie geschützt vor
Wind und Kälte leben konnten. Wo früher Meer gewesen war, hatte das Wasser die
Sandsteinfelsen ausgehöhlt. Was ich für rote Flecken hielt, waren von Menschen hinterlassene Malereien. Lea hatten
wir auf halber Strecke zurücklassen müssen. Friedlich schlummernd holten wir
sie auf dem Rückweg wieder ab.
Wieso denn nur spazieren,
wenn man auch kraxeln kann?
So auf allen Vieren
Fängt der Spaß erst an!
Oder so wie ich
Macht man sich fast ins Hemde
Bekreuzigt sich
und denkt an sein sicheres Ende.
Leider habe ich keine Fotos, aber so in etwa kraxelten wir herum Foto: www.la-razon.com |
Der zweite Teil des Ausflugs ging in eine Tropfsteinhöhle
hinab. Wer an Treppen und Geländer denkt, irrt sich – der Bolivianer klettert
die Steine hinunter. So schön die Stalagmiten und –titen auch anzusehen waren –
ich hätte sie lieber ohne Angst um mein Leben bewundert. Wir falteten uns
zusammen, um in Spalte zu kriechen, in die man mit einer Schokotorte zu viel im
Bauch nicht hineinkommt. Unter der Erde war eine ganz eigene Welt entstanden,
mit Höhlen, Tunneln und einem See mit blinden Fischen (ich weiß, die gibt es in
humaner Erscheinung auch über der Erde). Ich dankte mal wieder einem Gott, zu
dem ich an diesem Tag starkes Vertrauen entwickelt hatte.
Schließlich schleifte ich die arme Lea ins Dorfkrankenhaus,
wo sie Antibiotika und einen fiebersenkenden Pieks in den Po bekam. Nach 13
Stunden Schlaf weckte ich Dornröschen am nächsten Morgen aus dem Koma. Ein
weiterer Ausflug kam nicht infrage, die Rückfahrgelegenheiten nach Cochabamba
ließen auf sich warten und so hockten wir bis zwölf auf der Dorfplaza und
spielten Karten.
Isst du mal aus Verseh‘n
Ne Bakterie oder zwei
Solltest du nicht wandern geh’n
Hab stets ne Tüte dabei!
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