Direkt zum Hauptbereich

Potosi- eine kalte Schoenheit (Teil 3)


Habe ich mal erwähnt, dass ich den deutschen Winter mit seinem Schnee vermisse? Es ist immer einfach, über Kälte zu reden – wenn sie einem dann live unter die Klamotten kriecht, findet man das nicht mehr ganz so cool. Bolivien kann nicht nur Dschungel und Hitze, sondern erfreut sich der höchstgelegenen Stadt der Welt. Als wir am zweiten Tag unserer Reise in Potosí ankamen, spürte ich schon, wie meine Nase langsam rot wurde – von der Kälte und der Sonne. Na ja, auch in Comarapa laufe ich dank meiner nicht vorhandenen Sonnenschutzmaßnahmen rum wie Rudolph, das rotnasige Rentier. Nachdem wir ein gemütliches Hostel gefunden hatten, latschten wir durchs Zentrum und verköstigten uns an den unzähligen, süßen und unwiderstehlichen Gebäcken, die an jeder Straßenecke vertickt werden. Da ich sowieso mit Diabetes nach Vollkornbrot-Deutschland zurückkehren werde, machten ein paar Kekse mehr oder weniger auch keinen Unterschied mehr, oder? Um die Völlerei zu komplettieren und weil Isi unbedingt Lama probieren wollte (dieses süße Fellvieh! :(), gönnten wir uns ein Restaurant und spülten das Abendmahl mit dem Potosi’schen Bier runter. Weitere nächtliche Aktivitäten hielten wir für gesundheitsschädlich, wenn wir nicht mit Schüttelfrost enden wollten. Am nächsten Morgen ging es los zur für Touris obligatorischen Tour in die Minen Potosís. Hier wurden früher große Mengen Silber abgebaut, heute gibt es nur noch Zink und Blei. Wir bekamen fetzige
graue Anzüge, Gummistiefel und Helme verpasst und schlichen durch die höhlenartigen Gänge des „cerro rico“ (reicher Berg). An manchen Stellen war es recht kühl, an anderen angenehm warm. Wir stiegen sicher nicht fallsichere Leitern hinab, um den Minenarbeitern (cumpas) bei der harten Arbeit zuzusehen. Unser Führer stellte ihnen Fragen und ermunterte uns, die mitgebrachten Geschenke zu überreichen. Hierbei handelte es sich weniger um Schokolade und Blumen als um Softdrinks und Coca. Hiermit halten sich die Männer die vielen Stunden unter Tage wach und leistungsfähig. Durch die Dynamit-Sprengungen, herabfallendes Gestein oder übersehene Löcher im Boden sterben jährlich um die zwanzig Arbeiter. Der Lohn ist abhängig von den Rohstoffpreisen des Weltmarkts. 
Um reichlichen Ertrag wird der tío (Onkel) in Form einer Steinfigur gebeten und mit Coca, Alkohol und Zigaretten versöhnlich gestimmt. Der Gute sitzt in einer Ecke der Mine, die ich vor lauter Gänge nicht mal finden würde. Hin und wieder mussten wir einem Transportwagen voller Gestein ausweichen, der von zwei Männern (oder dem Alter nach eher Jungs) nach draußen geschoben wird. Isi und ich brachten dieses Schwergewicht keinen Zentimeter weit. Nach zwei Stunden in der Mine waren wir doch sehr froh über Tageslicht.



Den Nachmittag verbrachten wir mit Schlenderei und Schlemmerei durch die bunten Häuser und vielen Kirchen der Innenstadt. Isi kam leider an keinem Souvenirshop vorbei, ohne immer die selben Lama-Strickpullis zu begutachten. Wir bekamen zum Glück flott einen Bus nach Uyuni.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks. 

Kleine Alltagsamüsements

Putzig: wenn Menschen statt Umlauten die “einfache” Version der Vokale nutzen: Musli, Tschuss, mude, Kuche,... Funktioniert auch andersherum: drücken (statt drucken), Küss, Süppe,... nötig: dass Menschen verschiedener Berufsgruppen - vor allem bei einem Gefälle im sozialen Prestige/Status/Ansehen dieser Berufe - sich im Alltag begegnen und dieselben Orte aufsuchen. zB wenn auch Bauarbeiter:innen und Hausmeister:innen in der Uni-Cafeteria Kaffee trinken, selbige auch zur Betriebsversammlung des Forschungsinstitutes kommen oder Ärzt:innen und Krankenpfleger:innen zusammen ausgehen. drollig: wenn das Herrchen oder Frauchen den Vierpfoter eher über die Straße ziehen als anders herum. Gute Analogie für schlechte Führungskultur in Teams. irritierend: es klingelt an der Tür. Stimme an der Gegensprechanlage: “Kann ich mal kurz rein?” - Klar, aber - wer bist du? erfrischend: Grunzen. Könnte man viel öfter tun.

I LOVE travelling!

At times, all I can think of is holiday, going away, breaking out of the routine and seeing something completely different (okay, actually the places I'm going to then look fairly similar to my home town: middle sized towns with pittoresque houses, surrounded by green middle high hills, often crossed by a river). So much I longed for time away from everything. After three days into the trip, however, what I longed for most was home. Not because the holiday was so terrible. I didn't get bedbugs or a sunstroke and I wasn't robbed (all of which have happened recently, to me or people around me). I just didn't have any drive for activities anymore.  Impressive, but not for a mind that is already full What I probably really needed was not an exciting trip with lots of new impressions and little adventures, but a bed somewhere by a lake and a week of rain. To simply do nothing. Not the kind of doing nothing where you're stuck behind a screen, paralysed and restless. But t...