Die Recoleta im Nieselregen |
Als die Stadt langsam aufwachte, beschlossen wir, wir könnten jetzt die WG meines Mitfreiwilligen Lorenz stürmen und
die Leute aus ihren Betten schmeißen. Nein Spaß, eigentlich wollten wir nur unsere monströsen Rucksäcke abstellen. Bis wir uns allerdings durch den Markt gequetscht und bis zum Viertel der WG vorgedrungen waren, war es schon zwölf und Lorenz begrüßte uns zumindest halb wach.
Er empfahl uns als Ausflugsziel ein Dorf in der Nähe mit einem tollen Markt und so saßen wir wenig später im Truffi nach- Überraschung- Tarabuco. Ja, in diesem netten Nest schauten wir zwei Mal vorbei. Der außergewöhnliche Markt entpuppte sich als stinknormale Kleidung-Krimskrams-Kommerz-Meile. Wir stiefelten auf ein Hügelchen und diskutierten, ob bolivianische Menschen freundlicher und offener sind als deutsche. Meine Schwester, die ein paar Mal übers Ohr gehauen wurde und mit ihrem Spanisch noch in der Entwicklung war (ist schon viel besser geworden, Isi, alles gut :) ) beschwerte sich außerdem über die Machos hier, die ihr sogar als verschwitzte Läuferin hinterherpfiffen. Bei der Rückfahrt zeigte sich mal wieder der Gruppengeist des Menschen: Die wenigen Truffis, die auf die Plaza auffuhren, wurden sofort bestürmt wie Wühltische beim Sommerschlussverkauf, sodass wir erst in den fünften Minibus quetschen konnten.
Nach diesem anstrengenden (Ironie an) Tag genehmigten wir uns geniale Tukumanas (frittierte Teigtaschen) in einem vegetarischen Restaurant voller Gringos. Wieder mal stellte ich am nächsten Morgen fest, wie gut es sich mit genügend Müdigkeit auf einem halben Meter breiten Sofa nächtigen lässt. Weiter ging es nach Potosí, aber diese Episode habe ich ja schon (vielleicht zu ausführlich :) ) geschildert.
Was meine Schwester überhaupt hierher
verschlägt? Außer der Tatsache, dass sie ihre kleine Schwester abgöttisch
liebt, ihre Reiselust und ihre elends langen Semesterferien. Spontan hatte sie
im Januar einen Flug gebucht und stand an einem Donnerstagnachmittag, erschöpft
nach der vielen Busfahrerei, mit ihrem Riesenrucksack plus Ukulele in Comarapa.
Wir hatten uns ein dreiviertel Jahr nicht gesehen, entsprechend groß war die
Freude, und wir konnten den ganzen Abend nicht aufhören, zu quasseln. Am
nächsten Tag begleitete sie mich nachmittags in den Kindergarten und freundete
sich mit einem Mädchen an, das sie aufgrund seiner kurzen Haare die ganze Zeit
für einen Jungen hielt. Auch die anderen Kinder waren begeistert von „senorita
Isabel“ und tanzten im Kreis um sie herum. Sie wiederum war nicht wirklich
begeistert von unserer etwas ranzigen Karaoke und der dröhnenden Musik. Als
techno-gewöhnte Berlinerin ist das vielleicht auch nicht so verwunderlich….Den
Samstag verpennten wir zur Hälfte, rafften unsere sieben Sachen zusammen und
starteten abends – immer noch in Laberlaune- Richtung Sucre. Der Rest ist
Geschichte.
Nach knapp zwei Wochen zusammen, vielen
schönen Erlebnissen und gemeinsamem Lachen fiel vor allem mir der Abschied von
ihr unglaublich schwer. Die Leute an der Bushaltestelle in Santa Cruz müssen
sich gefragt haben, ob die Gringa irre ist, so habe ich geheult. Dies sollte
aber nicht unser letzter Moment zusammen sein – Fortsetzung folgt…
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