Ein leicht modriges Müffeln steigt mir ins
Näschen, wenn ich meinen Rucksack nach drei Wochen Reisen öffne. Dies verstehe
ich als dezenten Hinweis, mal wieder sesshaft zu werden und ein meeting mit dem
Waschbecken abzuhalten. Schweren Herzens nehme ich Abschied vom schon fast zum
Zuhause gewordenen Sucre, schleppe in höchster Zeitnot meine drei Reisetaschen
zum Busterminal und – warte. An der Haltestelle „meiner“ Buslinie herrscht zur
Abfahrtszeit gähnende Leere. Die Dame im Busbüro, strotzend vor Kompetenz,
behauptet, der Bus fahre eine Stunde später. Nach einem Blick auf die auf
meinem Ticket vermerkte Uhrzeit ist sie sicher, der Bus komme gleich. Punkt
siebzehn Uhr – eine Stunde zu spät – trudelt das Gefährt ein. Erleichtert falte
ich mich in den Sitz. Bis ich gegen zwölf aufwache, weil sich mein fahrender
Untersatz weder vor noch zurück bewegt. Aufgrund eines Erdrutsches oder
aufgeweichter Straßen, ist mir nicht klar, jedoch drehen die Räder durch.
Zweieinhalb Stunden hocken wir im dunklen Bus; für die Passagiere wohl nichts
Neues, die Mehrheit schlummert jedenfalls friedlich. Vier Stunden verspätet
komme ich im Morgengrauen in La Palizada an, dem Dorf, wo mein Taxi ebenso lang
wartete, um mich nach Comarapa zu bringen.
Weil der Kindergarten noch im Sommerschlaf
ruht, verbringe ich die nächsten zwei Wochen im Grannie-Palacio.
Wenig später
stößt Lea zu mir, eine Mitfreiwillige aus Santa Cruz, und wir haben mit den
Opis und Omis eine Menge Spaß. Für große Erheiterung unter Letzteren sorgt das
Ballspielen; trotz dem ein oder anderen verpassten oder verschlafenen Fang
überrascht mich, mit wie viel Freude die abuelitos dabei sind. Aus einem
Spaziergang durchs Dorf wird bei einer Dame eine Shoppingtour, ein Herr reißt
aus und verursacht das Ausschwärmen eines Suchtrupps und es wird sich mit Essen
beworfen – man denkt gar nicht, was ein Haufen Senioren so alles anstellen
kann.
Lea & eine menschliche Plastiktuete- bester Schutz gegen ploetzlichen Regen |
Lea und ich stiefeln eines heißen Sonntages um
sechs Uhr morgens zur Laguna Verde hoch und verlaufen uns bei der Suche nach
einem – wie man uns später mitteilte: gar nicht vorhandenen Aussichtspunkt – im
Gestrüpp. Eine Mitarbeiterin im Altenheim warnt uns im Nachhinein vor den Löwen
und Tigern, die es dort in den Bergen geben soll. Na da haben wir ja noch mal
Glück gehabt, dass wir nur fast nicht mehr zurückgefunden hätten und nicht von
Raubtieren verspeist wurden ;)
Das nächste Wochenende gehörte Cochabamba:
Freitagnacht mit der Flota hin (so voll, dass viele Leute standen- acht Stunden
lang!), über den zum Verlaufen großen Markt La Cancha und hoch zur ehemals
höchsten Christusstatue der Welt. Wir haben es uns natürlich nicht nehmen
lassen, zu Fuß hochzuschnaufen und uns dabei mal wieder ein nettes Färbchen zu
holen. Wenn man bis in die Arme des populärsten Mannes der christlichen
Geschichte hochsteigt, hat man einen wirklich weitschweifenden Blick über die
viertgrößte Stadt Boliviens.
Quillacollo aus Sicht der Kapelle + Brautpaar + Fotograf |
Eingang zur Kapelle der Virgen de Urkupina |
Pseudo-Goldaltar in der Kirche- und Lea |
Am nächsten Morgen wachten wir in unserer
Absteige auf und registrierten zuerst: Es regnet. Dennoch besuchten wir das
kleine Örtchen Tarata, eine Dreiviertelstunde vor Cochabamba, mit seinen
diversen Kirchen. Tarata ist der Geburtsort einiger ehemaliger Präsidenten, von
denen einer einen ganzen Landstrich an Brasilien abtrat im Tausch gegen…. Ein
Pferd. Zufällig – das gibt’s hier ja so selten- fand gerade ein Dorffest statt
und so hockten wir uns mit einem Riesenberg aller möglicher Teile vom Schwein
(für mich als Pflanzenfresser eher uninteressant) dazu, tranken Bier und
spielten Karten, bis der Regen schwächer wurde.
Auf der Heimfahrt nach Comarapa machte das
Geruckele in der letzten Reihe und ein gegen Ende doch recht frisches Brischen
Schlafen eher schwierig. Lea, die von ihrer Reise nach Peru schon größere
Komplikationen erlebt hatte – die ganze Nacht vor der peruanischen Grenze zu
warten zum Beispiel – nahm das Ganze ziemlich gelassen. Was tut man nicht alles
für ein kleines Abenteuer…
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