"Wer versucht, der scheitert." So ein Standardspruch von Günni, 67. Hilft er mir weiter? Nein.
Denn was er sagt, ist eigentlich nur: In jedem Versuch steckt die Möglichkeit des Scheiterns. Finde dich damit ab. Was ich aber brauche, ist das Gegenteil. Es besteht immer eine Chance (und sei sie winzig klein), dass es klappt. Egal, wie unmöglich es scheint. An dieser Stelle seien jetzt die zahlreichen Erfindungen und Durchbrüche erwähnt, die ohne ein Fünkchen (Über-) Mut nie zustande gekommen wären.
Rückschläge entmutigen trotzdem. Vor allem, wenn sie sich häufen. Statistik, sagen die Rationalisten. Eine Pechsträhne, sagen die Pragmatiker:innen. Versagen, sage ich. Pessimistisch? Realistisch? Zu viel gewollt? Zu wenig gekonnt? Oftmals hilft es auch nicht weiter, das Scheitern hinterher auf seine Ursachen zu analysieren, manchmal aber schon. Habe ich meine Fähigkeiten überschätzt? Die Anforderungen unterschätzt? Oder war es vielleicht einfach nicht das Richtige für mich? Wollte ich es überhaupt? (Diese Frage eignet sich wunderbar, um sich das Nicht-Gelingen von etwas im Nachhinein rund zu reden. Reduktion kognitiver Dissonanz. "Ach, eigentlich wollte ich das ja auch gar nicht wirklich.")
Dann gibt es noch die Fälle, die ich unter "Schicksal" verbuche. In denen es einfach nicht sein soll. Wenn später jemand von einem ätzenden Praktikum erzählt, das ich nicht bekommen habe, kann ich mich zurücklehnen und der Fügung oder höheren Macht danken, dass mir dieses Mühsal erspart blieb.
In allen anderen Fällen hilft vermutlich nur radikale Akzeptanz. Sich selbst die Frage zu stellen, ob man lieber Zeit und emotionale Energie in die Enttäuschung und Selbstzweifel über die Niederlage stecken oder sie hinnehmen will, um sie irgendwann hinter sich zu lassen. Das Kapitel zu schließen. Mit der frei gewordenen Energie könnte man eine Menge anstellen. Einen neuen Versuch starten. Etwas anderes ausprobieren. Sich um sich kümmern. In das investieren, was klappt. Letztlich geht alles zurück auf die Frage, wie viel Kummer man sich zumuten will. Man muss kein Stehaufmännchen sein und nach jeder Niederlage sofort weiterpreschen. Sondern sich entscheiden, ob man dieser Sache so viel Macht geben will, den eigenen Selbstwert infrage zu stellen. Ich jedenfalls will das immer weniger.
Ja, es gibt Dinge, die sein müssen, Klausuren, die geschrieben, Aufgaben, die in Angriff genommen werden müssen. Aber gerade weil wir sie uns nicht freiwillig aussuchen, sollten wir wenigstens selbst entscheiden können, wie stark sie unser Leben beeinflussen.
Was ist wichtiger: eine gute Note? Eine nette Kritik? Eine gelungene Aufgabe? Oder der eigene Seelenfrieden?
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