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Grüße von der Generation Y

 Da ich wie so manche andere wertvolle Lebensepisode bald das erste Vierteljahrhundert Leben abschließe, hier ein kleiner Spiegel der Themen, die den/die handelsübliche Mittzwanziger:in dieser Tage umtreiben:

- Neue Lebensmodelle: Ein schicker Ausdruck dafür, nicht zu wissen, was man mit seinem Leben machen soll. Ein 38,5-Stunden-Arbeitsalltag scheint mir jedenfalls unmöglich. 

- Verwirrung im Romantischen: Wer nicht nach spätestens drei Monaten Beziehung darüber geredet hat, die Beziehung zu öffnen - ja, der ist selbst schuld, wenn der/die Partner:in eben mal fremdgeht. Sich alle Optionen offen und den/die Liebste(n) immer lauwarm zu halten gehört zum guten Ton in einer modernen Beziehung. 

- Am ökologischen Fußabdruck rumdoktern: Sei es mit Mehrweg-Gemüse-Netzen, stylischen Mehrweg-Glas-Wasserflaschen, Bambus-Zahnbürsten, selbstgemachtem Deo, Kleider von Kleiderkarussell, CO2-kompensierenden 8 Cent auf der Flixbusfahrt oder dem Mitmarschieren bei Fridays for Future. Oh ja, wir sind so klimabewusst, und ihr Älteren ignorante Gesäße, die uns Hochwasser und Pandemien und überhaupt den verregneten Sommer eingebrockt haben.

- Überforderung: Uns geht's so gut, dass wir nicht mal mehr etwas haben, wogegen wir in unserem komportablen und liberalen Lebensumfeld kämpfen müssen. An die Stelle der Rebellion treten dann  Engagement für benachteiligtere Menschen (was ich persönlich sehr beachtens- und bewundernswert finde), Hedonistisches Vor-Sich-Hin-Leben, das Sezieren des eigenen Versagens (wie in meinem Fall) oder das Hechten von einer tollen Idee zur nächsten. (Diese Darstellung ist zum Zwecke der Anschaulichkeit stark verkürzt und überspitzt. Seht es mir bitte nach.) 


- Rückkehr zur Spießigkeit: Mag obigen modernen Beziehungsauffassungen widersprechen. Aber bei all der Orientierungslosigkeit und dem Überfluss an Möglichkeiten beobachte ich eine zunehmende Verunsicherung, die bei mir zu einem Schritt zurück auf ausgetretene Planken und in sicheres Terrain bewirkt. Ich sitze mein Sofa wund, esse jeden Tag dasselbe und kriege Panik, wenn ich irgendwo von meinen Hobbies erzählen soll, weil sie klingen wie von einer Rentnerin: Spazieren, Kaffee trinken, ZDF schauen, Puzzlen, Leute in der Fußgängerzone anstarren und schlafen. 

Euch ist das alles zu düster und grummelig? Ihr seht euch darin so gar nicht wiedergespiegelt? 
Teilt mir mit, was für Euch typisch Generation Y ist. Ich freue mich (auch) über Widerspruch. 

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.