Wie wäre es, wenn du, anstatt den Kummer runterzuschlucken, eine:n Freund:in anrufst? Du sagst, du möchtest dich nicht aufdrängen. Wahrscheinlich ist dein:e Freund:in gern für dich da. Aber selbst wenn er/sie gerade lieber in der Badewanne läge, als dir zuzuhören - im Großen und Ganzen bist du der Person vermutlich wichtiger als ein paar Liter warmes Wasser.
Ich wünsche mir, dass Freundschaften ebenso ein Ort des Aufgehobenseins und des Anlehnens sind wie romantische Beziehungen. Dass wir so für unsere Freund:innen da sind, dass sie das Gefühl haben, jederzeit zu uns kommen zu können. Dass es selbstverständlich wird, sich jederzeit bei dem/der Freund:in zu melden und auf der Matte stehen zu können.
Netzwerke der Solidarität nennen es Linke, Füreinander Sorge Tragen nenne ich es. Das Ohr auch dann öffnen, wenn uns gerade selbst viel im Oberstübchen rumschwirrt. Nicht nur, weil wir uns das offene Ohr auch selbst irgendwann wünschen, sondern, weil wir Verantwortung für unsere Freund:innen übernehmen. Nicht nur, weil wir gerade nicht in einer Partnerschaft sind oder etwas einsam. Sondern weil uns diese Menschen etwas bedeuten und uns ihr Wohl wichtig ist.
Freund:innen sind mindestens genauso fähig, uns aufzufangen, zu trösten oder eine andere Sichtweise zu geben. Sich unserer Wut auszusetzen, an der sie meist keinen Anteil haben (was in Partnerschaften weit seltener der Fall ist), was sie aber auch leichter zu ertragen macht. Wir können füreinander da sein, selbst wenn uns nicht immer spontan danach ist. Der kleine Ruck, den wir dazu brauchen, ist für die andere Person möglicherweise das Sprungbrett, das sie eine Stufe höher Richtung Seelenruhe, Erkenntnis oder zumindest Einschlafen-Können befördert. Er bringt uns außerdem näher zueinander und zeigt, dass wir nie allein sind mit unserem Kummer.
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