"Möchtest du einen Kaffee?" - "Ja, sehr gerne, danke. Woher wusstest du das?"
So hätte ich es gerne. Jemand anders liest mir meine Wünsche von den Augen ab. Danach fragen oder gar bitten muss ich nicht. Das wäre zwar bequem, aber auch feige. Wieso frage ich nicht einfach selbst nach dem, was ich will?
Weil ich nicht gierig scheinen will. Das geht zum Teil so weit, dass ich mir nicht mal selbst eingestehen möchte, dass ich einen Wunsch oder ein Verlangen nach etwas habe. Denn der Wunsch kann mir ja abgeschlagen werden. Sehr her, ich bin Mutter Teresa, ich brauche nichts als ein bisschen Luft zum Atmen.
Ich aber möchte sehr gerne und sehr viel und die Wahrscheinlichkeit, es zu bekommen, ist deutlich höher, wenn ich danach frage. Oder es einfordere, wenn es mir zusteht, aber nicht gegeben wird. Wir alle brauchen oder wollen etwas: Kaffee, Schlaf (eher in umgekehrter Reihenfolge), Platz im Bus, eine Tüte Äpfel, Hilfe bei der Fahrradreparatur und eine Rente. Kommen die uns zugeflogen? Nein. Wäre auch ganz schön ungünstig, schließlich könnten wir ja gerade nicht zuhause sein oder ausgerechnet jetzt eben keine Fahrradreparatur brauchen (wobei immer irgendwas klemmt). Ich wäre gern anspruchslos, unkompliziert, frei von körperlichen Gelüsten und total autark. Aber die Wahrheit ist: Auch mein Fleisch ist schwach und umgekehrt ist die Erfüllung meiner Begierden schon oft sehr erfüllend. Bereitet etwas mehr Genuss als die erste Tasse Kaffee am Morgen? (Koks habe ich jetzt noch nicht probiert.)
Noch harkiger wird es im Bereich des Zwischenmenschlichen: Wenn ich mir kein Ding, sondern ein diffuses Etwas, ein Verhalten oder, noch schwieriger, ein Gefühl, eine Haltung von jemandem wünsche. Schon beim Schreiben schauert es mich. Da entblöße ich mich in meiner vollen Bedürftigkeit - uahhhh. Wenn mir mein Wunsch abgeschlagen wird, ist das umso enttäuschender. Aber immer noch besser, als nie gefragt zu haben. Ich will, also bin ich.
Davon, dass ich mir das Bitten versage, verschwindet der Wunsch nicht. Ich kann üben, damit umzugehen, wenn er nicht erfüllt wird, und mich trösten. Ich kann mich dann etwas oder jemand Anderem zuwenden, um mein Bedürfnis auf andere Art zu erfüllen. Ich muss mich nicht in meinen Elfenbeinturm eingraben und mir wünschen, nie wieder zu wünschen. Manchmal ist es sogar befreiend (und noch manchmaler genug), den Wunsch auszusprechen. Es möge heute kein Montag sein. Oder: Ich würde gerne mehr Zeit mit dir verbringen. Damit erkenne ich an, was ich möchte. Möchten tu ich sowieso.

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