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Wer nicht im Glashaus sitzt

Houston, wir haben ein Problem. Ausnahmsweise meine ich nicht das Ende der Merkelschen Kanzlerschaft. Wäre es nur das...
Wir wandeln umher wie in Glaskästen: Stark, unverletzlich, durch nichts zu beeindrucken. Wir zeigen nicht nur keine Gefühle (außer vielleicht Freude, manchmal auch geheuchelte), nein, wir tun so, als hätten wir gar keine. Ringsum nüchtern dreinblickende Menschen, die Probleme mit Vernunft lösen. Krisen? Nö. Ham se nich. Nie gesehen. 

Warum ist das nun ein Problem? Ist doch super, wenns allen flauschig geht. Tut es das? Nehme ich das einzige Anschauungsobjekt, welches mir vollumfänglich Einblick in das menschliche Dasein gibt, also mich selbst, stimmt das so nicht. Bin ich die Ausnahme von der Regel? Bin ich die Einzige, der bei manchen Liedern ein Schauer über den Rücken läuft vor Rührung, Melancholie und bittersüßer Traurigkeit? Bekommt sonst keine(r) einen Kloß im Hals, wenn etwas Schönes zu Ende geht, sich jemand aus unserem Leben verabschiedet oder die Person, der wir unser Herz schenken wollten, schon das von jemand anderem umschlossen hält? Vielleicht bin ich die Einzige. Vielleicht aber auch nicht. Das würde aber bedeuten, dass noch mehr Menschen voll Verunsicherung ob der Berechtigung ihrer Gefühle inmitten all dieser makellosen unverletzlichen Festungs-Menschen. Dass noch mehr Menschen ihre Wut, Traurigkeit oder ihr Leeregefühl in sich einschließen, weil sie den Eindruck haben, dass dafür kein Platz ist auf dieser Welt. Weil Gefühle ja eh total irrational sind und nur stören im reibungslosen Funktionieren der Maschine Mensch. 

So sitze ich an einem sommerlichen Septembertag in der Stadt, lausche wirklich guter handgemachter Musik und bin traurig. Nicht nur, weil ich diesen glänzenden Moment mit niemandem teilen kann. Sondern vor allem, weil ich, wenn ich mich so umschaue, mir so fremd vorkomme inmitten all dieser ruhig sitzenden, ungerührt wirkenden und neutral dreinblickenden Menschen um mich herum, die hübsch zurechtgemacht sind und ihre Leben im Griff zu haben scheinen. Oder täuscht das? Mir ist nach Heulen. Ich unterdrücke es aber, weil ich weiß, welche Irritation das bei den Umsitzenden hervorrufen würde und ich möchte keine(n) beunruhigen. Ich schaue sie an, doch mein Blick prallt an ihren Glaskästen ab. Vielleicht brauche ich auch so ein Terrarium, in das nichts hineingelangt und nichts hinaus. 
Nein. Ich will echte Luft atmen, Worte klar und Musik in ihren feinen Klängen hören, und das geht durch Glas nicht. Lieber bekomme ich einen Sonnenbrand, Hörsturz oder eine Smogvergiftung als einzugehen wie eine Primel in meiner Schneekugel. Echtes Leben, so bitter und schmerzhaft das auch manchmal ist, ist mir lieber als die rationale und durchoptimierte Version davon. 

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.