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Meine kleinen Spießer

Meine kleinen Spießer. Das sind Hürden, über die ich springen muss. Sonst bin ich kein akzeptabler Mensch.

Normative Standards könnte man sie auch nennen: "So musst du mindestens sein, um eine Berechtigung als vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft zu bekommen." Eine Art Führerscheinprüfung für das Vehikel Erwachsener.

Was das heißt: Etwas Sinnvolles mit seinem Leben anstellen (ja, so konkret sind die Anforderungen). Niemandem zur Last fallen. Sich selbst versorgen.
Aber auch bei den vielen kleinen Entscheidungen des Tages wollen die kleinen Spießer mitreden: Wie verhalte ich mich in der Öffentlichkeit? Was darf ich sagen, was gehört sich nicht? (Laut werden zum Beispiel sehen die kleinen Spießer gar nicht gern.) Wie viel Alkohol darf sein? (Am besten gar keiner. Außer auf Parties, sonst wirkt man seltsam und verbohrt.)

Manchmal sind sie hilfreich, denn sie sprechen sich klar für eine Option aus, wenn zu viele zur Wahl stehen. Sie tolerieren aber meist auch keine andere. Ausgeflippt sein zum Beispiel ist ein Grund für Nicht-Bestehen.
Vielleicht sind sie ein wenig von gestern, aber sie haben schließlich schon immer funktioniert. Das steht zumindest in ihrem hochtrabenden Bewerbungsprofil. Viele Erfolge bei vielen rechtschaffenen, ehrenwerten Menschen.
Sie versprechen außerdem ein reines Gewissen. Eklige Selbstvorwürfe ersparen sie einem. Die Weste bleibt weiß, der Ruf tadellos.

Manchmal enttäusche ich sie. Wenn ich zu schwach bin oder die Versuchungen zu groß. Dann bin ich unvernünftig. Ein Kind, außer Rand und Band. Sie schütteln dann den Kopf, murmeln ernüchtert vor sich hin und wenden sich etwas anderem zu. Oder sie halten mir eine Standpauke. Ja, wie konnte ich nur so kurzsichtig sein? So vergnügungssüchtig und dumm? Schuldbewusst verkrieche ich mich in mein Eck und gelobe Besserung.

Meine kleinen Spießer haben ein Rezept für alles und mit ihnen bin ich nie allein. Manche Dinge kann ich mit ihnen nicht erleben, Unerwartetes, "Sinnlosen" Jux und Tollerei. Aber das ist okay. Ich gehe ja auch nicht mit meinen Eltern auf eine Party.

Dota Kehr lächelt die kleinen Spießer an, lässt sie machen und bewahrt sich ihre Freiheit. So klingt es in "Du musst dich nicht messen":
https://www.youtube.com/watch?v=mMHzDQGetKI&list=RDEM9Zu2QTNU7wxiJMxKrioeGQ&index=3

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Freistrampeln

Wenn das Leben zur Ruhe kommt, nicht mehr nur fordert und Aufmerksamkeit verlangt und ständiges Probleme-Lösen, wird Raum frei. Der Kopf wird frei von Nöten, die drücken, zerren, reißen. Der Boden ist geebnet zum Entstehen von Neuem oder Wiederaufleben von Altem; der Blick öffnet sich für das, was um einen herum geschieht. Ich atme durch, erst vorsichtig, misstrauisch, so, als müsste ich erst testen, ob die Luft auch wirklich rein ist. Ob der Stille zu trauen ist oder sie nicht doch jäh durch einen Knall zerrissen wird. Dann hole ich tiefer Luft. Atem fließt ein, Atem strömt aus. Langsam, gleichmäßig, rhythmisch. Befreiung. Wieder Da-Sein statt immer etwas Hinterher Rennen. Die Hände wieder frei haben, um zu Handeln, statt nur zu Reagieren oder stumpf Auszuharren und zu Erdulden. Leben statt Warten. Jetzt. 

Immer mal was Neues

Neu anzufangen erfrischt beim zweiten oder dritten Mal noch fast genauso wie beim ersten. Warum mache ich es dann so selten? Weil es wie ein Sprung in den See ist: Nicht nur erfrischend, sondern auch bezitternd, einschüchternd, Überwindung kostend. Dann doch lieber das gute Alte, Bekannte. In unseren Routinen haben wir uns heimelig eingerichtet, fühlen uns sicher. Hat bisher geklappt, wird es also auch in Zukunft. Was neu ist, ist fremd, will erstmal vorsichtig begutachtet und überprüft werden. Schließlich kann es auch schief gehen, und wo landen wir dann? Offenes Ende.  Der Trugschluss dabei: Ganz oder gar nicht. Ich glaube, mich entscheiden zu müssen, und mit der Wahl des Neuen zwangsläufig das Alte zu verlieren. Unwiederbringlich. Das ist aber seltenst der Fall. Weitaus häufiger können wir erstmal einen Zeh ins kalte Wasser halten und bei maximaler Abstoßung unmittelbar zurück in den Schutz des warmen weichen Handtuchs fliehen.  Trotzdem gibt es natürlich einige Tätigkeiten...
 This week's insights (so far): - Stress and worries are subjective perceptions. What you consider an easy task might be a tough challenge for me. Everyone has their own threshold for when things get too much or too difficult to handle.  - Coffee helps. Almost always. Except from when trying to fall asleep.  - Spending time with friends and family is nice, but when introverts don't get enough alone time, we can't enjoy others' company either. Fill your batteries first. There's no obligation to be sociable all the time. - Shitty days can get better. The next day at the latest.  Maybe not what spring looks like, but a hommage to the grandiosity of beds - Wrapping yourself in the soft coat of sleep can magically remove worries overnight.  - Spring hasn't come yet. So let's enjoy the last days of winter doing what we will be too busy to do during summer: Drinking tea, reading the newspaper, streaming videos and wearing woolen socks.