Warum stressen wir uns so?
Wir werden länger leben als jede Generation vor uns und müssen uns gleichzeitig um dieses (Über-) Leben keinerlei Sorgen machen. UNS wird es nicht die Felder versengen oder die Häuser überfluten. Wir werden weder von einem korrupten Diktator im Schwitzkasten gehalten noch von einem orangefarbenen Demagogen in "dreckig" und "nicht dreckig" eingeteilt.
Also eigentlich kein Grund zur Beschwerde, oder?
Doch. Es scheint, als seien wir geradezu auf der Suche nach jemandem, auf den wir herabschauen können, um uns ein klitzekleines bisschen besser zu fühlen. Weil der da drüben immer einen Fingerbreit mehr vom Kuchen hat und wir deswegen in der Rolle des trotzigen Kindes verharren. Wenn der Doofi da mehr kriegt als ich, dann kack ich ihm eben vor die Haustür. So funktioniert Zusammenleben aber nicht. So vermehren wir nicht den Kuchen, aber dafür den Frust. Den Groll. Weil Mama ratlos die Schultern zuckt, wenn die Kinder sich prügeln. So finden wir keine Lösung, aber darauf kommt es auch längst nicht mehr an. Wir sind eingetreten in das Stadium der Vernichtung: Wenn ich schon 'ne Beule davon trage, dann du auch. Oder besser gleich ein gebrochenes Bein.
Ihr habt Recht, wenn ihr den Kopf schüttelt angesichts dieser vor Pessimismus dunkelgrauen Zeilen. "Werd' erwachsen", könntet ihr sagen und hättet auch damit Recht. Aber ich will nicht erwachsen werden. Wenn das bedeutet, dass ich kalt und engstirnig werde, dann nein danke. Mir IST nun einmal nicht alles egal. Gleichzeitig stecke ich wohl zu tief in der Resignation, um einen Weg zu sehen, dagegen anzugehen (rhyyyyme). Also wenn ihr 'ne Idee habt, hab ich das passende Ohr.
Wie kann es einem egal sein, wenn jemand vor aller Augen im Zug gedemütigt wird, weil er oder sie aus der Reihe fällt? Dazu braucht man kein schwarzer, muslimischer Transgender-Hippie zu sein. Eine offen sichtbare Erkrankung, ein paar Haare oder Kilo zu viel oder zu wenig reichen schon.Gott behüte, wenn dann noch eine Bierflasche vor neun Uhr morgens dazu kommt.
Ja, ich sollte einschreiten. Ja, ich sollte etwas tun und nicht nur stumm glotzen und anprangern. Aber ich weiß offengestanden nicht, wo ich anfangen soll. Selbst wenn ich mit meinen Freunden darüber spreche, finden wir keinen Ansatzpunkt. Hass ist vielleicht ein etwas zu großes Wort. Kälte trifft es eher.
Ja, man kann nicht allen helfen. Aber vielleicht der Person, die einem am nächsten steht. Doch genau dafür bin ich oft zu blind. Ich merke nicht, wenn es den Personen schlecht geht, die mir am wichtigsten sind, und erwarte doch genau das von ihnen. Dieser Wettlauf, das Streben nach vorn, um nicht überholt zu werden und auf der Strecke zu bleiben, lässt alles, was an mir vorbeizieht, verschwimmen. Was habe ich am Schluss von meiner Note, meinen paar Euro oder dem Prestige, wenn ich ganz allein bin?
Einsamkeit schmerzt mehr als ein Minus auf dem Konto.
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