Gewohnheit - einer der engsten Vertrauten des Menschen. Meist bemerkt man ihn erst, wenn er sich schon häuslich eingerichtet hat. Je nachdem, ob es sich um einen ungebetenen Gast - einen Eindringling! - handelt oder eine nette Affäre, fühlt man sich mit ihm kuschelig bis schuldig. So hinterlistig wie er herein geschlichen kam, so mühsam bekommt man ihn wieder hinaus bugsiert. Ein hartnäckiger Zeitgenosse.
Bisher hielt ich eine knackige Karotte für einen recht delikaten Snack. Unkompliziert, günstig und beständig in ihrer Qualität. Bis ich einen Finger ins Honigglas steckte. Warum spricht man davon, "Blut geleckt zu haben"? Wem schon mal ein Stück Schokolade auf der Zunge zerging, wird dieses Erlebnis sicherlich eindrücklicher im Gedächtnis behalten haben als das Blutgeschlotze. Das muss es sein, das süße Leben. Kartoffeln machen satt, Kakao glücklich.
Wie kann ich auf Drogenabhängige herabschauen, wenn Versuchung so schnell zur Sucht werden kann? Wer das bestreitet, hat noch nie Schokolade geschmeckt, Bier getrunken oder geküsst.
Ist es nicht das, was das Leben ausmacht? Lasst mich als armen Tropf auf dem Gullideckel enden. Nehmt mir alles, was landläufig als "Lebensstandard" bezeichnet wird. Solange liebe Menschen um mich sind und frische Luft meine Nasenlöcher und meinen Kopf weitet, kann ich leben. Nicht existieren. Leben.
Den Unterschied scheine ich erst jetzt zu begreifen. Nun kann ich mir in den Allerwertesten beißen, dass das so lange gedauert hat und die verlorene Zeit betrauern. Oder ich bin froh und dankbar, dass ich diese Lektion lernen und das Gegenteil der bitteren Pille, nämlich den Honig, kosten darf. Wenn das zur Gewohnheit wird, habe ich nichts dagegen. Bleib ruhig, Wonne.
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