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Frisch, fromm, froehlich

Geschenkkoerbchen fuer die Madels - prall gefuellt mit Suessigkeiten
Was gibt es in Bolivien im Überschuss? Nein, ich spreche nicht von Hühnchen, sondern von kleinen Zweibeinern mit Überschuss an Lebensenergie- den Kindern. Wie so ziemlich alles hier, müssen die auch mal so richtig gefeiert werden. Am 12. April, dem Tag des Kindes, putzten sich die Zwerge also raus, um im Kindergarten mal so richtig die Sau rauszulassen. Auf dem Sportplatz wurde Laufsteg gelaufen, um die Wette gerannt, ausgelassen getanzt und gespielt. 

Was macht den Tag für ein Kind perfekt? Genau – Zucker! Den gab es kiloweise: Als Erfrischungsgetränk, Erdbeerjogurt, Kakaomilch, Sahnetorte und in als Süßigkeiten in den selbst gebastelten Geschenkkörbchen. Als die Kinder – das Gefühlsspektrum reichte von glücklich bis Erbrechen nach einer Überdosis Zucker- abgeholt wurden, schnaufte das Personal erstmal auf. Die vorherigen Tage hatten wir Körbchen gebastelt, Torte gebacken, dekoriert und nicht zuletzt etwa 280 Bälle aufgepumpt. Dennoch war es ein super Tag, was möglicherweise mitunter an meinem stark erhöhten Zuckerspiegel lag.

Ein paar Tage später wachte ich auf und spürte, dass irgendetwas anders war als sonst. Eine Gänsehaut überzog meine Arme und der Magnet in meinem Bett sog noch stärker als sonst an mir. Über Nacht hatte in Bolivien tatsächlich der Winter Einzug gehalten und hatte die comarapenos in bibbernde Eiszapfen verwandelt. Die Kinder wurden wegen der Kälte früher aus dem Kindergarten heimgeschickt, Daunenjacken und Handschuhe hervorgekramt und der Tempo-Taschentücherverkauf wurde zur ertragreichsten Einnahmequelle. Es wurde gerotzt, was das Zeug hält, und obwohl die Hälfte der Knirpse aufgrund von Krankheit fehlte, konnte man in den Klassenzimmern förmlich Bazillen aus der Luft fischen.
Paradies in den Bergen - Nationalpark Amboro bei Samaipata

Auch hier wird am ersten Mai die Arbeit mit Nicht-Arbeiten (Ironie?) gefeiert. Wenn dieser Feiertag auf einen Sonntag fällt, wird er –schwupps!- ganz einfach auf den Montag verschoben. Klasse Idee, oder? Könnte man in Deutschland auch mal anregen. Das verlängerte Wochenende nutzte ich für einen Ausflug in mein Lieblingsdorf Samaipata, eine drei Stunden entfernte, in einem wunderschönen Nationalpark gelegene Oase der Hippiekultur. Durch den Nationalpark Amboro stapften Chrissi und ich am Sonntag, wobei wir  mit unserer Führerin Ines herrlich über den bolivianischen Machismus herzogen. Von Ausgangssperren für die Ehefrau bis zur hauptsächlich männlichen Fremdgeh-Manier ist hier schließlich alles erlaubt.
Zwei Kilometer von Samaipata entfernt betreibt ein Schweizer eine Tierauffangstation, in der neben frei herumlaufenden Äffchen auch Ratten, Schildkröten, Adler und ein Leopard leben. Die Station wird von Freiwilligen aus aller Welt betrieben, die Gehege sind groß und gut ausgestattet. Ein Äffchen auf seinen Schultern sitzen zu haben, das einem ins Ohr schmatzt und im Gesicht rumfuhrwerkt, ist ein wirklich erheiterndes Erlebnis.

















So tröpfelt das Leben vor sich hin, meine Liebe für Käsegebäck entwickelt sich gerade zur Sucht und wird nur von meinem Obstsalatkonsum übertroffen.
Ich hoffe, bei euch ist jetzt Frühling und ihr habt schon das erste Eis gegessen.

Grüße aus der Stadt des Windes und bis bald!


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