Evo oder Nicht Evo? Das ist nun die Frage.
Scheint die Comarapenos aber nicht so zu jucken, oder jedenfalls nicht so sehr,
dass sie von Ihrer Lieblingsbeschäftigung ablassen würden: dem Tratsch. Es wird
nach Herzenslust beobachtet, analysiert (objektiv? Was ist das? Hat das nicht
was mit Fotokameras zu tun?), ergänzt, verdreht und erfunden. Das Endprodukt
dieses munteren Geschichten-Herbei-Fantasierens hat meist einen Wahrheitsgehalt
der unter dem Fettanteil von fettreduzierter Milch liegt. Nicht umsonst existiert
der Ausspruch „pueblo chico – infierno grande“ (kleines Dorf, große Hölle).
Glücklicherweise lassen sich die Kinder von dem über uns erzählten Mist nicht
beeinflussen. Letzte Woche wollte ich gerade ein paar Runden im Stadion drehen,
sprachen mich ein paar halb- (oder wie sich später herausstellte, doch eher
voll-) starke Jungs an, und- schwupps- hatte ich ein paar Mitläufer. Die
Steppkes aus dem Internat zischten Runde für Runde mit breitem Grinsen an mir
vorbei. Richtig, zwöfjährige Kinder hängen mich locker ab – in Crocs oder sogar
barfuß!
Da hatte ich es ein paar Tage beim Besteigen
von alten Schubladenkästen mit anderen Mithopplern zu tun: Mit einer Gruppe
Frauen zwischen 16 und 45, angetrieben von einer militärisch anweisenden
Trainerin, schwitzte ich im Aerobic mein T-Shirt voll. Zu Technorythmen
steppten wir um die Kästen herum und schwangen die Beine in die Luft. Das
forderte meine Konzentration ganz schön.
Am Mittwoch verfolgten wir Wiebkes
Fußballspiel und beklatschten ihre zwei schönen Tore. Im Kindergarten schauten
wir uns mit den Zwergen ein von den Lehrerinnen kreiertes, äußerst amüsantes
Puppenspiel an, das den Flitzpiepen die Regeln des Kindergartens näher brachte.
Leider rupften sie danach immer noch an den Pflanzen herum. Vielleicht muss der
gelernte, diffisile Stoff einfach erstmal sacken…
Nach Unterrichtsschluss widmete ich mich mit
den Lehrerinnen einem herrlichen Vergnügen: Feigen vom Baum des Kindergartens
klauen. Die Hermana verbietet das nämlich strikt, war aber abwesend und so
vernaschten wir die teils Kinderfaust-großen Früchte mit dem Genuss, den nur
ein Dieb haben kann. Dieser Frevel sollte zumindest in meinem Fall bestraft
werden: Auf der nächtlichen Fahrt nach Cochabamba konnte ich vor lauter
Bauchschmerzen kaum ein Auge zu tun. Bei Diebesgut kontrolliert nun mal keiner
auf Qualität…
So kam es, dass ich aufgrund meines
gluckernden Bäuchlings nicht am ersehnten Holi-Festival teilnehmen konnte. Aus
Mangel an eigenen Ideen ließen Lea (aus Santa Cruz) uns am nächsten Tag auf die
Tips des Rezeptionisten unseres Hostels ein und ließen uns zu einem Parque
Mariscal (Meerpark) bringen. Dieser entpuppte sich als eine Kinderattraktion.
Irgendwie sind wir das ja aber auch noch, oder warum bereitete uns das
Schaukeln solchen Spaß? :D
Wir schauten in einem riesigen, menschenleeren
Fußballstadion vorbei, bevor mal wieder Wasser vom Himmel fiel, was das Zeug
hielt. Die Taxigauner reiben sich da natürlich die Hände, und um einem
Wucherpreis zu entgehen, stapfte ich durch knöchelhohe Seen (Pfützen sind das
lang nicht mehr). Das hatte zur Folge, dass ich bis auf die Füße beschlammt
war, was auch den entsprechenden Geruch ausströmte. Trotz allem war es schön
gewesen, meine Zeitgenossen aus den anderen Städten zu treffen, die sich beim
Holi-Festival ordentlich haben einsauen lassen.
Scheinbar bekommt Bolivien Lieferungen aus deutschen
Altkleidersammlungen, jedenfalls lese ich immer wieder kuriose Dinge auf
T-Shirts. So trug ein Bauarbeiter im Altenheim letzte Woche ein Leibchen mit
der Aufschrift „Ruderjugend Niedersachsen“, und glaubt mir, er war weder
jugendlich noch sah er in irgendeiner Weise deutsch aus ;)
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