"Was gut ist an der Oberstufe, ist, dass es keine Gruppen mehr gibt. Da ist man drüber hinaus. Die Leute verstehen sich untereinander einfach", resümierte meine Schwester als Prä-Abiturientin. Ich, drei Jahre jünger und bis zum Hals drin in der Schlammschlacht um das Prädikat "Cool" bzw. sein absolutes Gegenteil "Uncool", atmete auf. Es gab Hoffnung. Diese Rangkämpfe würden also irgendwann aufhören. Dachte ich.
13 Jahre später warte ich immer noch auf diesen Moment. Die Schulklassen haben wir zwar hinter uns gelassen, die Rangordnungen jedoch nicht. Offiziell sind wir alle total gleichberechtigt, -rangig und -viel wert. Aber machen wir uns nichts vor: Zwischen den Zeilen, im Subtext (und das ist ja schließlich die Ebene, die meine Stellung als Person bestimmt), (zer-) reiben wir uns noch immer darum, wer der/die Coolste ist. Tut nicht so, als sei es nicht so. Spätestens wenn man nicht zu Party X oder Katerfrühstück Z eingeladen wird, ist alles klar. Nicht-Einladungen und -Anfragen sind hierbei entscheidender als jedes nette Wort, jeder freundliche Gruß. Spätestens das beiläufige Erwähnen der "soooo witzigen" Veranstaltung (gerne über das Fallenlassen gewisser Insider, "achso, oh, da warst du ja gar nicht dabei") im Nachhinein stellt das amtliche Zertifikat über die Einstufung als uncoole Person, also persona non grata, aus. Bitte, danke, nichts zu danken. Fick dich.
Ja, richtig gelesen: fick dich. Nach jahrelangem Zermürben, Anzweifeln meines Wertes und Grübeln, woran es lag, was ich falsch mache und wie ich das ändern kann, ist das jetzt meine Herangehensweise. An guten Tagen. An nicht ganz so guten zieht es mich einfach direkt in den Sog des Selbstzweifels. Dann wünsche ich mir dieses "Fick dich", denn wie bei so vielen Dingen muss ich nach langjährigem Dagegen-Anrennen und vielen Versuchen, dieses menschenverachtende System abzuschaffen, feststellen: Die Anderen werden sich nicht ändern. Also muss ich meine Einstellung dazu ändern.
Das führt dann im besten Fall dazu, dass ich eine wunderbare Zeit ohne die coolen Kids habe. In hartnäckigen Fällen und nach vielen Stunden Zermarteritis hilft jedoch manchmal nur noch wütende bis selbstmitleidige Musik, ein Bier oder Bett, Erinnerungen an schöne Momente unabhängig von den coolen Aktivitäten (Feiern, Drogen nehmen, Sektfrühstücke, Sex, politisch-philosophische Diskussionen, Klettern/Bouldern und was es noch so alles gibt) und der trotzig-sture Schwur: Für die werd ich mich nicht zurechtbiegen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen